Peter Paul Zahl wieder Deutscher

Gericht bürgert den als PPZ bekannten linken Schriftsteller ein. 1995 war ihm die deutsche Staatsbürgerschaft entzogen worden. Jamaikaner darf er auch bleiben

BERLIN taz ■ Peter Paul Zahl darf wieder Deutscher sein. Der mittlerweile überwiegend in Jamaika lebende Schriftsteller gewann vor dem Berliner Verwaltungsgericht den Prozess gegen seine Ausbürgerung durch das Auswärtige Amt (AA) im Jahre 1995. Die Entscheidung wird zurückgezogen, erklärte der Prozessvertreter des AA. Zähneknirschend.

Der Hintergrund des Verfahrens ist ähnlich skurril wie Zahls Leben, seine Romane und Gedichte. „Aggressive politische Lyrik“ nennt der Brockhaus die Werke von PPZ – unter dieser Abkürzung war er insbesondere während der Siebziger- und Achtzigerjahre in der linken Szene bekannt. Wie viele andere kam auch er 1964 nach Berlin, um der Wehrpflicht zu entgehen. Mit der beginnenden Studentenbewegung in Kontakt gekommen, engagierte sich PPZ aktiv gegen den Vietnamkrieg und verhalf schwarzen GIs zur Flucht nach Schweden. Damit geriet er ins Visier des Staatsschutzes. Mehrfach wurde seine kleine Druckerei nach falschen Pässen durchsucht.

Der vorläufige Showdown der Geschichte fand Ende 1972 statt. PPZ kam bei Düsseldorf in eine Polizeikontrolle und schoss auf die Beamten. Dabei verletzte er zwei schwer. Zu 15 Jahren Haft wegen versuchten Mordes verurteilt, fing der heute 62-Jährige im Berliner Knast an zu schreiben. Sein 1979 erschienenes Buch „Die Glücklichen. Ein Schelmenroman“ machte Furore und brachte ihm den Bremer Förderpreis für Literatur ein.

Vorzeitig aus der Haft entlassen, ging Zahl 1985 nach Jamaika und nahm zehn Jahre später die jamaikanische Staatsbürgerschaft an. Als er 2002 in der deutschen Botschaft in Kingston seinen Pass verlängern wollte, wurde ihm mitgeteilt, er habe die deutsche Staatsbürgerschaft automatisch durch die Annahme der jamaikanischen verloren.

Im Stil eines „altrömischen Imperators“ habe man ihm den Pass entzogen und gedroht, sonst „alle deutschen Flughäfen anzuweisen, ihn bei einem Einreiseversuch in Abschiebehaft zu nehmen“, sagte Zahls Anwalt Harald Remé. Die damalige Entscheidung war falsch und rechtswidrig, wie das Berliner Verwaltungsgericht nun feststellte. Denn damals galt noch das 1913 unter Kaiser Wilhelm erlassene „Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz“. Zahl, der nach wie vor in Deutschland gemeldet ist, hier arbeitet und seine Steuern zahlt, durfte gar nicht ausgebürgert werden.

Die im Jahre 2000 von Rot-Grün beschlossene Änderung, die sich vor allem gegen Türken mit doppelter Staatsbürgerschaft richtete, war auf ihn noch nicht anwendbar. Dieser „bedauerliche Vorfall“ sei leider „nicht der einzige“, musste der Anwalt des AA einräumen – was das Gericht bestätigte. „Wir waren schon mehrfach mit solchen Geschichten befasst“, meinte der Vorsitzende und ließ auch durchblicken, dass hier für die Ausbürgerung wohl eher politische Gründe entscheidend waren: „Jeder, der wie ich in Berlin aufgewachsen ist, weiß doch, wer Herr Zahl ist“.

Für Peter Paul Zahl hat das Urteil direkte Folgen. Kurz vor der richterlichen Rückeinbürgerung wurde er in Jamaika komplett ausgeraubt. Zumindest einen deutschen Pass bekommt er nun wieder. Bis auf den Außenamtsanwalt waren am Ende des Gerichtsverfahrens alle zufrieden. „Wir wollen doch nicht den Roman dieses Prozesses lesen“, sagte der Richter. Sicher sein kann er da wohl nicht.

OTTO DIEDERICHS