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Archiv-Artikel

WASG-Rebellen wollen allein kämpfen

Der Berliner Landesverband der WASG hat sich entschieden: Er will bei den Wahlen im September gegen die Linkspartei antreten. Die Bundespartei fürchtet weitreichende Konsequenzen. Lafontaine fordert die Fusionsgegner zum Austritt auf

von FELIX LEE

Die Berliner WASG hat sich nun endgültig in die Isolation manövriert. Bei ihrem Landesparteitag am Wochenende stimmte eine klare Mehrheit von 81 Delegierten gegen einen Antrag, in dem der Bundesvorstand die Berliner GenossInnen aufgefordert hatte, bei den Berlin-Wahlen im September nicht konkurrierend zur Linkspartei anzutreten. „Ich bin sehr enttäuscht, dass die Mehrheit der Berliner WASG-Delegierten sich offensichtlich überhaupt nicht für den Standpunkt der Bundespartei interessiert“, sagte WASG-Bundesvorstandsmitglied Axel Troost. Die 33 Delegierten, die für den Antrag gestimmt hatten, verließen im Anschluss aus Protest den Parteitag.

Zuvor hatte Troost eindringlich an die Berliner Delegierten appelliert, doch zumindest den Bundesparteitag in der kommenden Woche abzuwarten. Wenn dort eine Mehrheit das Vorgehen des Berliner Landesverbands trägt, dann werde der Bundesvorstand die Berliner frei walten lassen, versicherte Troost. Doch vergeblich. Selbst dieser Antrag wurde von den mehrheitlich anwesenden Fusionsgegnern abgeschmettert. Troost kündigte an, dass sich der Bundesvorstand noch am Sonntagabend in einer Telefonkonferenz zusammentun werde, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Mit einem Parteiausschlussverfahren rechne er zwar nicht, politisch hätten sich die Berliner mit diesem Beschluss nun aber endgültig von der Bundespartei losgesagt. Troost sprach von „Spaltung“, die über die Berliner Wahlen im September hinaus weitreichende Konsequenzen haben werde.

Linksfraktionschef Oskar Lafontaine, selbst sowohl Mitglied der WASG als auch der Linkspartei, legte den Fusionsgegnern gestern den Austritt nahe. Die von den Kritikern angestoßene inhaltliche Debatte sei zwar richtig, erklärte Lafontaine. Ein Alleingang führe allerdings „in die Bedeutungslosigkeit“. „Über vier Millionen Wähler wollen die neue Linke, also muss sie zustande kommen“, sagte Lafontaine. Einen Parteiausschluss der Abtrünnigen lehnte aber auch er ab. Er setzt darauf, dass die Mitglieder, die den gemeinsamen Weg nicht gehen wollen, eine eigene Organisation gründen werden. Weder die spätestens im Sommer 2007 angepeilte Vereinigung mit der Linkspartei hält er durch den Berliner Streit für gefährdet noch den Fraktionsstatus der Linken im Bundestag. „Das ist ein Märchen, das die politischen Gegner in die Welt gesetzt haben“, sagte Lafontaine und berief sich auf den wissenschaftlichen Dienst des Bundestags.

Der Bundesvorstand hatte vergangene Woche noch damit gedroht, die Beteiligungsanzeige gegen den Willen des Berliner WASG-Verbands zurückzuziehen, falls dieser dies nicht freiwillig tue. Davon hat der Bundesvorstand nun wohl Abstand genommen. Und auch nach Einschätzung von Wahlrechtsexperten ist dies nicht so ohne weiteres möglich. Der Landesvorstand einer Partei müsse deren Teilnahme an einer Wahl anzeigen, sagte Geert Bassen vom Berliner Landeswahlamt. Demnach könne auch nur der Landesvorstand das wieder zurückziehen und nicht der Bundesvorstand.

Die Berliner Delegierten machten noch am gleichen Wochenende Nägel mit Köpfen. Zu ihrer Spitzenkandidatin wählten sie ausgerechnet Lucy Redler, Mitglied der Sozialistischen Alternative Voran (SAV) und damit bekennende Trotzkistin. Redler und die in die Berliner WASG einsickernden SAV-Mitglieder hatten besonders vehement gegen die gemeinsame Kandidatur agitiert. Die 26-Jährige wurde mit knapp 80 Prozent der noch Anwesenden gewählt. Sie hatte keine Gegenkandidatin.