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Archiv-Artikel

Kliniken im Dauerstreik

Der Streik an den NRW-Unikliniken geht in die elfte Woche. Heute demonstrieren die Ärzte in Düsseldorf. Politiker von Union und FDP denken über Privatisierung von Unikliniken nach

VON DIRK ECKERT

Während die nordrhein-westfälische Metallindustrie knapp an einem Arbeitskampf vorbeigeschlittert ist, geht der Streik an den Unikliniken unvermindert weiter. Heute werden mehrere tausend Ärzte zu einer Großkundgebung in Düsseldorf erwartet. Der Marburger Bund droht sogar, den Streik auszuweiten: Ab dem 15. Mai könnte wochenweise statt nur an einzelnen Tagen gestreikt werden.

Der Grund für die Verärgerung: In den Tarifverhandlungen herrschte wochenlang Stillstand. „Wir warten auf ein Angebot der Arbeitgeber“, sagte ein Sprecher der Ärztegewerkschaft.

Ähnlich sieht es bei den nichtwissenschaftlichen Beschäftigten aus, die bei Ver.di organisiert sind: „Es hat sich überhaupt nichts bewegt“, bilanzierte NRW-Gewerkschaftssekretär Wolfgang Cremer nach über zehn Wochen Streik. Die Unikliniken gehorchten dem „Diktat“ von NRW-Finanzminister Helmut Linssen (CDU). Dieser hatte ihnen eigene Tarifverhandlungen untersagt. Zuständig ist demnach die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL). Diese will nun wieder verhandeln, aber nur mit den Ärzten. Für einen Tarifvertrag im öffentlichen Dienst gebe es keinen Zeitdruck, sagte ihr Vorsitzender, der niedersächsische Finanzminister Hartmut Möllring, erst letzte Woche.

Die Folgen bekommen die Unikliniken zu spüren. Die Uniklinik Köln zum Beispiel beziffert die Verluste aufgrund des Streiks auf zwei Millionen Euro pro Woche. Sollten die Ärzte ihren Streik ausweiten, würden die Verluste noch größer, sagte Sprecher Markus Lesch. Inzwischen würden Patienten ganz ausbleiben. Ob sie wieder kommen, sei völlig unklar. „Wir wissen noch gar nicht, wie hoch die dauerhaften Verluste sind.“

Manchen Landespolitikern scheint das jedoch nicht ungelegen zu kommen. „So wie jetzt gestreikt wird, entstehen Kosten für das Land und das kann den Entscheidungsprozess, sich von Unikliniken zu trennen, noch weiter forcieren“, sagte der FDP-Generalsekretär Christian Lindner dem WDR-Magazin „Westpol“. „Letztlich macht der Streik die Trägerschaft der Unikliniken für das Land unattraktiv.“ Auch der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende im Landtag, Rudolf Henke, zeigte sich nicht abgeneigt gegenüber Privatisierungen.

Ver.di reagierte demonstrativ gelassen. Die Idee, Unikliniken zu privatisieren, gebe es längst, meinte Cremer – ob gestreikt werde oder nicht. Fast überall seien Klinik-Teilbereiche schon in privater Hand. „Es liegen noch weitere Pläne in den Schubladen“, ist er sich sicher. Ver.di will nun seine Mitglieder wieder mobilisieren. Während der Osterferien ist die Zahl der Streikenden nach Gewerkschaftsangaben auf 1.000 bis 1.100 Beschäftigte abgesunken. Die Dienstleistungsgewerkschaft will wieder die Vorferienzahl von 1.500 erreichen.