Polizei räumt sich selbst

Wegen einer Bombendrohung werden eine Schule, mehrere Wohnblöcke und ein Polizeirevier geräumt. Der Täter ist unbekannt, eine Bombe wird nicht gefunden

„Selbst evakuiert zu werden, das habe ich bisher auch noch nicht erlebt.“ Uwe Zeibig steht ratlos auf dem Gehweg vor dem Victor-Klemperer-Kolleg in Marzahn und schaut etwas irritiert. Er ist Sprecher der Polizeidirektion 6, die sich direkt neben dem Schulgebäude befindet. In der Schule für Erwachsenenbildung ist um neun Uhr eine Bombendrohung eingegangen.

„Der männliche Anrufer sagte, er habe im Gebäude drei Sprengsätze deponiert, die zwischen zehn und elf Uhr hochgehen“, berichtet Zeibig. Er sitzt mit dem Hausmeister des Kollegs im Polizeibus. „Die Polizei nimmt den Anruf sehr ernst“, sagt er. Deshalb seien neben der Schule auch zwei benachbarte Blöcke mit hundert Wohnungen geräumt worden – und eben auch die Dienststelle der Polizei. Es ist völlig unklar, wer der Anrufer ist.

Etwa 400 Menschen, berichtet Hausmeister Jürgen Simon, hätten sich zum Zeitpunkt des Anrufs im Schulgebäude befunden. „Am Kolleg können Erwachsene ihr Abitur nachmachen“, informiert er. Schüler und Lehrer hatten das Gebäude bereits verlassen, als die Polizei die Ernsthaftigkeit der Bombendrohung um 9.30 Uhr bejahte. Darauf werden die zwei Wohnblocks geräumt. Die Beamten gehen von Wohnung zu Wohnung und evakuieren die Mieter.

Inzwischen ist es halb zwölf. Zeibig steht vor dem Schulgebäude in der Märkischen Allee. Seine Kollegen von der Direktion 6 sind für die Absperrung des Geländes zuständig, 60 Beamte seien im Einsatz. „Wir warten auf geeignete Kräfte. Da die Berliner Kollegen alle im Einsatz sind, mussten wir Kollegen vom Landeskriminalamt in Brandenburg anfordern“, sagt er.

Gegen zwölf Uhr fährt ein Polizeiwagen mit Potsdamer Kennzeichen vor. „Das sind die Kollegen mit den Spürhunden“, erklärt Zeibig. „Jetzt fehlen noch die Kriminaltechniker.“ Die beiden Schäferhunde drehen mit ihren Führern auf dem Grünstreifen neben der Straße eine Runde. Ein blaugrauer Wagen der Kriminalpolizei hält auf der anderen Straßenseite. Davor werden die Schulleiterin und die Sekretärin, die beide mit dem Anrufer gesprochen haben, vernommen. „Vielleicht können sie Angaben machen, ob der Anrufer einen Akzent hatte“, erläutert Zeibig das Geschehen.

Um halb eins nähert sich ein weißer Transporter – „die Kriminaltechniker“. Die Hunde werden aus den Autos geholt, das Einsatzteam verschwindet in Richtung des Schulgebäudes. „Die Kollegen werden nun Stockwerk für Stockwerk absuchen. Das dauert pro Etage dreißig bis fünfundvierzig Minuten“, erklärt Zeibig. Um 15.30 Uhr steht er noch immer auf der Straße. Mittlerweile sind Schulgebäude und Sporthalle ergebnislos durchsucht. Zeibig nimmt Anrufe entgegen, erklärt, dass die Hunde immer wieder pausieren müssen und sich der Einsatz deshalb so lange hinzieht. Schließlich erlaubt er sich ein Urteil: „Es wird wohl nichts mehr gefunden werden.“ Silke Kohlmann