: Knallfrösche und Trillerpfeifen machen krank
Experten warnen: Obwohl Lärm schon bei Kindern das Hörvermögen schädigt, ändert sich nichts an der Belastung
BERLIN taz ■ Dreiviertel aller Deutschen plagt der Lärm, macht viele von ihnen krank. Unter dem Motto „Echt laut hier“ warnen Experten vor den Folgen einer zu lauten Umwelt. Heute ist der Internationale Tag gegen den Lärm. Besonders störend empfinden Menschen Straßenlärm und Fluglärm.
Seit Jahren weisen Mediziner auf die Belastungen hin. Doch am Schallpegel hat „sich in den letzten zehn Jahren nichts geändert“, sagt Brigitte Schulte-Fortkamp vom Institut für Technische Akustik der TU Berlin. Zwar seien die Reifen von Autos und die Starts von Flugzeugen leiser geworden. Doch der technische Fortschritt werde durch mehr Verkehr auf der Straße und in der Luft wieder zunichte gemacht.
Lärm ist aber nicht nur lästig, sondern macht schon in jungen Jahren krank. So leiden vier Prozent der Schulanfänger laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) bereits an Hochtonschwerhörigkeit. Der Grund: Knallfrösche, Spielzeugpistolen und Trillerpfeifen in Kinderzimmern. Selbst in Kindergärten werde es immer lauter, kritisierte BZgA-Expertin Eveline Maslon. „Die Kinder werden den ganzen Tag mit Lärm berieselt.“
Nur wenige Menschen wissen allerdings, wie schnell sie ihr Gehör dauerhaft belasten. Der medizinische Grenzwert, ab dem das Gehör auf Dauer Schaden nimmt, liegt bei 85 Dezibel. Doch ein voll aufgedrehter MP3-Player kann mehr als 100 Dezibel erreichen und ein Disco-Besuch dröhnt mit bis zu 110 Dezibel ins Ohr.
An anderen Lärmquellen kann der Einzelne indes nur wenig machen – an viel befahrenen Straßen oder Flughäfen etwa. Deren Anwohner haben häufiger Herz-Kreislauf-Erkrankungen als der Durchschnittsbürger. Das Umweltbundesamt geht davon aus, dass 16 Millionen Menschen in Deutschland krank machendem Lärm ausgesetzt sind.
Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) kritisiert die zögerliche Haltung der Regierung: Zum Beispiel habe das Kabinett im Februar diesen Jahres eine Novelle des Fluglärmgesetzes verabschiedet. Die Lärmgrenzwerte für Starts und Landungen seien aber „noch zu hoch“, sagt VCD-Experte Ulrich Kohnen.
ANNA DOBELMANN