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Archiv-Artikel

Standort des Wettrüstens

GESCHICHTE Die Volkshochschule erzählt Bremens Historie zu Kaiser Wilhelms Zeiten

Von kafe
Horst Rößler,59

■ ist promovierter Sozialhistoriker und Kursleiter an der Bremer Volkshochschule.

taz: Herr Rößler, wie war Bremens Selbstverständnis am Ende des 19. Jahrhunderts?

Horst Rößler: Vor der deutschen Reichsgründung 1871 war für den Bremer klar, dass er einfach Bremer ist. Dann musste er sich dem deutschen Reich zugehörig fühlen, was vor allem die Festtagskultur förderte. Ein weiterer Motor war das Überheblichkeitsgefühl, dass sich einstellte, da das Reich mit einem Sieg über Frankreich gegründet wurde.

Welche Stellung nahm Bremen im Kaiserreich ein?

Die Schifffahrt gab Bremen eine besondere Bedeutung. Die meisten Schiffe, die hier gebaut wurden, entstanden für die Marine und im Auftrag des Staates. Das Wettrüsten mit den übrigen Kolonialmächten um die stärkste Seemacht wurde zum Großteil hier betrieben. Außerdem hegte Kaiser Wilhelm eine besondere Leidenschaft für die Marine und besuchte Bremen sehr oft.

Wie entwickelte sich das Identitätsgefühl im weiteren?

Bremen wollte als traditionelle Handelsstadt mit allen Völkern auskommen. Das spricht natürlich für Frieden und gegen die Kolonialpolitik zur Jahrhundertwende. Die deutsche Denkweise „Der Kaiser wird’s schon richten“ und die Loyalität zum Kaiserreich schien dann allerdings die Oberhand zu gewinnen. Trotzdem gab es auch linke Strömungen, eine starke Arbeiterbewegung und die Gründung der SPD. An sich ist es also ein Spannungsfeld gewesen, in dem sich der Bremer entwickeln musste. Int.: kafe

„Was ist des Bremers Vaterland – Nationalistische Fest- und Denkmalskultur“, 19:30 Uhr, Bamberger Haus, Faulenstraße 69