Madonna in Dahlem, Lady Gaga im Club

VERHÄLTNISSE IM POP-ZIRKUS

Im Jahr 2041 wird Lady Gaga 55 Jahre alt sein, so wie Madonna heute

Lady Gaga wird nicht zum ersten Mal im Berghain sein. 2010, während ihrer Monster-Ball-Tour, hat sie dem Club schon mal einen Besuch abgestattet. Der 27-Jährigen hat es so gut gefallen, dass sie wiederkommt: Am Donnerstag präsentiert sie „Artpop“, ihr neues Album, einem ausgewählten Publikum im Berghain.

Im Jahr 2041 wird Lady Gaga 55 Jahre alt sein, so alt wie Madonna heute. Man weiß nicht, was sie dann so macht. Ob sie noch Berlin besucht, was dann mit dem Berghain ist. Gaga wird zurückblicken auf ein Leben, in dem sie bereits in jungen Jahren alle möglichen Transformationen durchgemacht hat, sich konstruiert, dekonstruiert und re-dekonstruiert hat. Vielleicht wird ihr langweilig.

Madonna hat, als ihr das passierte, „Hard Candy“ ins Leben gerufen – das ist nicht ganz so wie Step Aerobic mit Jane Fonda, aber doch irgendwie so ähnlich und auch so gesund. Hard Candy, nach einem Albumtitel benannt, heißen das Fitnessprogramm und die Gym-Kette Madonnas, die Menschen zum Sport animieren soll. In Dahlem hat sie gerade die nächste Filiale des Studios eröffnet, die Übungen dort sind laut Eigenbeschreibung „sexy, cool and fun“. Auch Madonna gab sich Mühe, sexy, cool and fun zu sein, als sie am Donnerstag persönlich im Studio vorbeischaute.

Schlagzeilen wie „Madonna rockt ihr Hard-Candy-Studio in Berlin-Dahlem“ wie in der Morgenpost regen zum Nachdenken an, ganz abgesehen davon, dass da mehrere Paradoxa in einem Satz vereint scheinen. Madonna muss nach Dahlem, Lady Gaga darf ins Berghain. Die Verhältnisse im Pop-Zirkus haben sich verschoben.

Es ist so, als kämen Mutter und Tochter Pop innerhalb weniger Tage an die Spree. Die Tochter scheint nur der neue, frischere Entwurf ein und desselben kulturindustriellen Produkts. Das ist in Ordnung so: 2041 wird die Tochter Mutter und die Mutter Oma sein. Omas Enkel werden die Bühnen der Stadt bespielen. Auch, wenn die dann nicht mehr Berghain heißen. JENS UTHOFF