: Eine (fast) ganz normale Familie
Seit 13 Jahren lebt Familie Idic in Düsseldorf, die Kinder sprechen nur Deutsch. Jetzt sollen sie abgeschoben werden
Ihre Duldung gilt bis kommenden Dienstag. Dann müssen die Idics wieder aufs Amt. Diesmal sollte es sich nur um eine Formalität handeln: Die Ausländerbehörde hatte Mitte April signalisiert, die Abschiebung der Düsseldorfer Roma-Familie auszusetzen. Zumindest bis sich die Härtefallkommission mit dem Fall befasst hat. Und das wird wohl frühestens in den nächsten drei bis vier Wochen passieren. Dann entscheidet eine Vorkommission, ob der Antrag überhaupt bis vor die Härtefallkommission kommt.
Wenn nicht, steht den Idics die Abschiebung bevor. Denn obwohl gut integriert, soll die Familie in ihre vermeintliche Heimat ausgewiesen werden. So will es die Düsseldorfer Ausländerbehörde. Bei den Idics ist diese „Heimat“ Serbien. Von dort kam die Roma-Familie vor über dreizehn Jahren nach Deutschland. Genauer gesagt: die Eltern mit der heute 17-jährigen Semra. Deren Geschwister – zwei Mädchen im Alter von 13 und 11 sowie ein fünfjähriger Junge – sind in Düsseldorf geboren. Alle sprechen Deutsch, die jüngeren Mädchen gehen auf die Realschule, Semra steht vor dem Abitur. Trotzdem sollen sie alle nun „zurück“ nach Serbien.
Der Vater wurde bereits im November 2005 dorthin abgeschoben. Das ehemalige Haus war zerstört, abgedeckt mit einer Plastikplane statt mit einem Dach. Als auch den anderen Familienmitgliedern die Abschiebung drohte, blieb Mutter und Kindern nur noch eine Möglichkeit: Kirchenasyl. Dabei lebten die Idics bis vor wenigen Jahren als ganz normale Familie in Düsseldorf. Die Eltern verdienten den Lebensunterhalt, bis die Ausländerbehörde ihnen 2004 die Arbeitserlaubnis entzog. Seitdem ist die Familie von Zuwendungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz abhängig.
Im Asyl in der Düsseldorfer Altstadt-Gemeinde Sankt Lambertus wohnen sie immer noch – obwohl sie ja derzeit geduldet sind. Aus Gründen der Sicherheit: „Es ist besser, sie bleiben im Kirchenasyl“, sagt Iris Briesewinkel, Sozialarbeiterin beim Rom e.V in Köln. „Wenn die Härtefallkomission den Antrag ablehnt, wird es keine weitere Duldung geben“, sagt sie. Und egal, welche rechtlichen Schritte dann unternommen werden: „Das hat alles keine aufschiebende Wirkung mehr.“
Dass es unsinnig ist, eine in Deutschland integrierte Familie wie die Idics in ihre vermeintliche Heimat abzuschieben, hat mittlerweile wenigstens ein NRW-Minister bemerkt. Integrationsminister Armin Laschet (CDU) nannte die Familie Mitte April in einem Interview mit der Westdeutschen Zeitung als Beleg dafür, dass das Bleiberecht neu geregelt werden muss.
Die Unterstützer der Familie Idics hoffen nun, dass die Neuregelung noch rechtzeitig kommt. Und wollen vom nordrhein-westfälischen Innenministerium Taten sehen: „Die Landesregierung muss die Ausländerbehörden auffordern, ihren Ermessenspielraum auszuschöpfen, den das Einwanderungsgesetz ihnen lässt“, fordert Biesewinkel.
DIRK ECKERT