: Weg ohne Ziel
HAFEN Wirtschaftsbehörde will für 41,5 Millionen Euro neue Brückenzufahrt an der Süderelbe bauen, obwohl sie für die Brücke selbst kein Geld hat
ANJES TJARKS, GRÜNE
Eine hochinnovative Methode zur Errichtung von Infrastruktur hat Hamburgs Hafenbehörde nach Einschätzung des grünen Wirtschaftspolitikers Anjes Tjarks erfunden: Bauen ohne Geld, und das auch noch scheibchenweise. An der Süderelbe soll eine Auffahrt zu einer neuen Kattwyk-Brücke gebaut werden, obwohl deren Errichtung und Finanzierung noch unklar ist. „Das ist absurd“, sagt Tjarks.
Ursprünglich sollte neben der bestehenden Straßen- und Schienen-Brücke für 205 Millionen Euro eine zweite Kattwyk-Brücke nur für Güterzüge in den und aus dem Hafen errichtet werden. Das hält auch Tjarks für „nötig und politisch unumstritten“. Für den Baubeginn im kommenden Jahr waren deshalb 41,5 Millionen Euro im Haushalt der Hafenbehörde HPA vorgesehen.
Nun aber räumt der Senat in seiner Antwort auf eine Anfrage von Tjarks ein, dass für die nächsten fünf Jahre zusammen nur noch 45 Millionen Euro zur Verfügung stehen. „Eine klaffende Lücke zwischen Wunsch und Wirklichkeit bei der Hafeninfrastruktur“ nennt das der Grüne.
Im April hatte die HPA den Neubau aus Finanzmangel gestoppt und angekündigt, „Überlegungen zum weiteren Vorgehen“ anstellen zu wollen. Das tat auch Tjarks – und entdeckte in der Finanzplanung der HPA eine Finanzierungslücke von 759 Millionen Euro. Bis 2018 waren Vorhaben für 1,83 Milliarden Euro geplant, aber nur Finanzmittel von 1,07 Milliarden Euro bereitgestellt.
Der Grüne schlug vor, das knappe Geld umzuverteilen: Die Stadt solle auf die 283 Millionen Euro teure Westerweiterung des Eurogate-Terminals verzichten. Dessen Kapazität soll von vier auf sechs Millionen Standardcontainer (TEU) erhöht werden, obwohl er aktuell mit nur 1,8 Millionen TEU gerade mal zur Hälfte ausgelastet ist. Mit den freiwerdenden Mitteln könnte stattdessen die Kattwyk-Brücke errichtet werden.
Dem Rat folgten Senat und HPA indes nicht. An der Erweiterung des Terminals wird festgehalten, an der Brücke auch. Zunächst soll jetzt auf der Hohen Schaar die östliche Zufahrtsrampe gebaut werden, obwohl unklar ist, woher das Geld für die Brücke selbst kommen soll. Das Wort vom Schildbürgerstreich drängt sich da nicht nur Tjarks auf. SVEN-MICHAEL VEIT
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