: Publizistische Gründlichkeiten
SONDERAUSGABEN Mehrmals im Jahr erscheinen in der taz Dossiers zu besonderen Themen – und unsere LeserInnen finden das gut
VON JAN FEDDERSEN
Ohne die täglich aufbereiteten Nachrichtenseiten fehlt unseren LeserInnen viel, vielleicht sogar das Wesentliche. Dennoch lernten wir: Publizistisch können wir als taz an manchen Tagen im Jahr die journalistischen Routinen kleiner halten – und uns besonderen Ausgaben widmen. 1997 erschien, damals koordiniert vom taz-Asienredakteur Sven Hansen, anlässlich der Übergabe Hongkongs an China, eine schwerpunkthafte Sonderausgabe der taz zu diesem Ereignis. In den besonderen Seiten steckte viel mehr als der Verzicht der ehemaligen Kolonialmacht Großbritannien auf ein Stück Territorium an asiatischen Küsten.
Ein Anfang war gemacht, denn bald erscheinen in der taz Beilagen zum Thema Weltmusik oder zu den Buchmessen in Leipzig und Frankfurt am Main. Nebenbei: Es sind auch besondere Ausgaben für die Anzeigenabteilung der taz – in diesen Ausgaben kommen gerade die weniger mächtigen Unternehmen und Firmen mit ihren spezifischen Reklamen für das Publikum der taz am besten zur Geltung.
Die Klassiker der besonderen Schwerpunktpublizistik war und ist jedoch die Frauen-taz, die tatsächlich in jedem Jahr am Internationalen Frauentag zum 8. Mai erscheint. Die KollegInnen Heide Oestreich und Deniz Yücel haben sich in den vergangenen Jahren um den gründlichen, tazzigen Blick an diesem Tag gekümmert. Andere Themen sind in den vergangenen Jahren aufgegriffen worden – Schwerpunkte von 8 bis 16 Seiten, meist für einen Tag als monothematische Ausgabe. In jüngster Zeit waren dies taz-Ausgaben zu den Themen: „Deutschland“ und Migration, Schwule & Lesben, zur Energiewendepolitik oder kürzlich zu den queeren Aspekten des Lebens Homo- wie Heterosexueller. Ein Wagnis für die taz war 2006 der Versuch, den Sport als populärstes Entertainment in unserer Kultur flankierend zu politisieren. Zur Fußball-WM in Deutschland erschien die taz vom ersten Turniertag an mit täglich bis zu 8 Sonderseiten. Der publizistische Trick: Sport ist das eine, das von den Kollegen aus dem Ressort „Leibesübungen“ gekonnt in Szene gesetzt wurde.
Andererseits wurde aber auch das Politische in diese Seiten integriert – Menschenrechtsfragen, solche des Dopings sowie der Sportpolitik überhaupt. Sie, unsere LeserInnen, waren entzückt – und forderten, dass wir das während der Olympischen Sommerspiele in Peking auch tun sollten. Und so sollte es geschehen: Sportseiten, die journalistisch in einem ganzheitlichen, also auch politischen und kulturellen Sinne erschienen. Die Fußball-WM der Männer in Südafrika 2010 und bei der EM 2012 in Polen und der Ukraine setzten wir in diesem Sinne in Kooperation mit dem Auslandsressort fort. Und weil es so schön war, wollten wir bei der Frauen-WM in Deutschland vor gut zwei Jahren auch nicht weichen: Allen Bedenken zum Trotz erschienen wir täglich mit 4 bis 8 Seiten: Ihre gute Reaktion, liebe taz-LeserInnen, hat uns ermutigt, in diesem Sinne weiterzumachen.
Im kommenden Jahr wird die taz sowohl zu den politisch fragwürdigen Olympischen Winterspielen im russischen Sotschi mit Sonderseiten erscheinen, ebenfalls zur Fußball-WM in Brasilien im Sommer. Jüngst hat die taz ausprobiert, wie es ist, wenn man die politische und kulturelle Berichterstattung zu den Bundestagswahlen bündelt – dreieinhalb Wochen erschien deshalb eine wahl.taz.
Die nächste der nichtsportlichen Sonderausgaben wird Ende November erscheinen, Arbeitstitel: Der Preis der sexuellen Liberalisierung – was hat uns das Schweigen über die Kosten der Freiheit gebracht? Federführend: die Kolleginnen Nina Apin und Heide Oestreich. Nur eines nähmen Sie uns übel: Wenn eine Sonderausgabe ohne ein Mindestmaß an Nachrichten aus den restlichen Welten erschiene. Tun wir nicht – 4 aktuelle Seiten sind zusätzlich garantiert.