: Das Ende des Schweigens
Die K-Frage in der Hamburger SPD: Ex-Bürgermeister Henning Voscherau kündigt persönliche Erklärung auf dem heutigen Landesparteitag an. Wiederwahl von Parteichef Petersen sicher
Von Sven-Michael Veit
Heute will Henning Voscherau sein Schweigen brechen. Auf dem Landesparteitag der Hamburger SPD im Bürgerhaus Wilhelmsburg „werde ich eine persönliche Erklärung abgeben“, kündigte der frühere Bürgermeister der Hansestadt gestern im Gespräch mit der taz an, „sofern die Debatte das erfordert“.
Es gehe ihm um die Kritik am CDU-Senat und um „Weichenstellungen für die Bürgerschaftswahl 2008“. Zu beleuchten sei auch, so der 64-Jährige, welcher Sozialdemokrat „der gefährlichere Gegenspieler für Ole von Beust sein kann“. Das aber, versicherte Voscherau, „ist kein Thema von privatem Ehrgeiz“.
Am heutigen Samstag ist somit das Ende der Spekulationen über den künftigen SPD-Spitzenkandidaten im nächsten Bürgerschaftswahlkampf zu erwarten. Parteichef Mathias Petersen hat erklärt, er wolle Herausforderer von CDU-Bürgermeister von Beust werden. Voscherau, der dieses Amt von 1988 bis 1997 bekleidete, hatte mehrfach sein Interesse durchblicken lassen. Sollte die Mehrheit der GenossInnen meinen, „ich könne der Partei helfen“, erklärte er noch diese Woche bei einem Polit-Talk in einer Einkaufspassage in Volksdorf, „stehe ich als Kandidat für das Amt des Bürgermeisters im kommenden Wahlkampf zur Verfügung“. Allerdings müsste, weiß auch Voscherau, „diese Mehrheit erst vorhanden sein“.
Daran aber zweifeln etliche prominente SozialdemokratInnen, wenn auch stets hinter vorgehaltener Hand. Es gebe „keinen Anlass für Aufregung in der Partei“, konstatiert ein Bürgerschaftsabgeordneter, „keinen zwingenden Grund, Henning zum Kandidaten zu machen“, sieht ein anderer. Im Übrigen müsse „sein Auftritt auf dem Parteitag abgewartet“ werden.
Offiziell steht die K-Frage in Wilhelmsburg gar nicht auf der Tagesordnung. Damit soll sich, so die Beschlusslage, der Landesvorstand beschäftigen, der heute neu gewählt wird. Alle sieben Parteikreise haben sich für eine zweite Amtszeit des Altonaer Arztes und Bürgerschaftsabgeordneten Petersen ausgesprochen, ein Gegenkandidat ist nicht in Sicht.
Sollte der 50-Jährige sein vor zwei Jahren erzieltes Wahlergebnis von 85,3 Prozent steigern können, dürfte ihm auch die Spitzenkandidatur sicher sein. Bei deutlich geringerer Zustimmung jedoch hätte ein geschwächter Landesvorsitzender Petersen nicht automatisch das Recht des ersten Zugriffs auf diese Position.
Keine Überraschungen sind zu erwarten bei der Kür der beiden stellvertretenden Parteivorsitzenden. Die frühere Bürgerschaftspräsidentin Dorothee Stapelfeldt dürfte klar im Amt bestätigt werden. Für die ausscheidende Jutta Blankau, Chefin der IG Metall, soll Karl Schwinke zum SPD-Vize aufrücken. Er verfügt als Vorsitzender des größten Parteikreises Wandsbek, dem auch Voscherau angehört, über eine Hausmacht von fast einem Viertel der 350 Delegierten.
Ein Kandidatensterben jedoch wird es bei der Kür der Beisitzer im Landesvorstand geben: Für die zwölf Posten, die zur Hälfte von Frauen zu besetzen sind, bewerben sich acht Genossinnen und zehn Genossen – ein Drittel wird durchfallen.
Mit Vorsicht wird in der SPD eine gestrige Meinungsumfrage des Psephos-Instituts im Abendblatt-Auftrag zur Kenntnis genommen. Diese sagt erstmals den Verlust der absoluten CDU-Mehrheit voraus. Danach liegt die Union mit 45 Prozent gleichauf mit SPD (33%) und GAL (12%), alle anderen scheitern an der Fünf-Prozent-Hürde. Im direkten Kandidatenvergleich führt Ole von Beust mit 50 Prozent vor Voscherau (30%); gegenüber Petersen liegt er mit 44% zu 17% vorn. Allerdings gab ein Viertel der 1.004 Befragten an, Petersen gar nicht zu kennen.
Drei führende Sozialdemokraten interpretieren das übereinstimmend so, dass Voscheraus Chancen „damit ausgereizt“ seien. Petersen hingegen weise „noch Potenzial“ auf, das es „in zwei Jahren harter Arbeit“ auszuschöpfen gelte. „Die SPD legt zu, das macht Mut“, lautet der knappe Kommentar des Parteichefs. Voscherau hingegen mochte gestern Nachmittag keine Bewertung abgeben: „Ich habe noch gar nicht Zeitung gelesen.“