Deutscher Schmusekurs mit Karimow

USBEKISTAN Fünf Jahre nach dem Massaker von Andischan mit hunderten Toten setzt Deutschland weiter auf einen Dialog mit dem diktatorischen Regime. Daran beteiligt ist auch die Konrad-Adenauer-Stiftung

BERLIN taz | Die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) zelebriert am fünften Jahrestag des Massakers von Andischan in Usbekistan Regimenähe. Die Webseite der KAS kündigt für den 13. Mai in der Hauptstadt Taschkent die Unterzeichnung eines Memorandums zur „Deutsch-usbekischen Medienzusammenarbeit“ mit der als besonders der usbekischen Macht hörigen Nationalen Medienassoziation an.

„Den Opfern des Massakers von Andischan und des usbekischen Regimes wird damit ins Gesicht gespuckt“, sagt Andrew Stroehlein von der International Crisis Group in Brüssel. Der Mediendirektor des europäischen Thinktank kritisiert, dass die KAS dem usbekischen Regime überhaupt ein solches Propagandainstrument überlasse.

Am 13. Mai gedenken Menschenrechtsorganisationen weltweit der Niederschlagung des Volksaufstands in der usbekischen Provinzstadt Andischan, bei dem 2005 mehrere hundert Menschen von Panzerwagen aus erschossen wurden. Nach dem Massaker begann zudem eine brutale Repressionswelle in dem zentralasiatischen Land. Heute gibt es in Usbekistan keine eigenständige Zivilgesellschaft mehr. Angeblich unabhängige Organisationen wie die Nationale Medienassoziation arbeiten im direkten Auftrag der Macht. Eine unabhängige Berichterstattung steht unter Strafe, Menschenrechtler, Oppositionelle und Journalisten werden verhaftet und getötet. Folter wird in Usbekistan systematisch angewandt.

Auch die KAS hatte vor einem Jahr selbst Bekanntschaft mit dem usbekischen Machtapparat gemacht und musste 2009 ihren Repräsentanten abziehen. Die usbekischen Behörden verweigerten im Frühjahr 2009 Gregor Ryssel die Visumsverlängerung. Erst im März 2010 kehrte mit Thomas Kunze wieder ein KAS-Mann nach Taschkent zurück.

Die usbekische KAS-Affäre 2009 traf die Stiftung aus heiterem Himmel. In der Zentrale in Berlin zeigten sich die Verantwortlichen „irritiert“. Ryssel musste samt Familie im März 2009 das Land verlassen. Der deutschen Öffentlichkeit blieb die Affäre verborgen.

Das Auswärtige Amt reagierte verhalten. Am 23. Februar 2009 bestellte Staatssekretär Reinhard Silberberg den damaligen usbekischen Botschafter ein. „Dabei wurde diesem mitgeteilt, dass – sofern der Leiter der KAS-Vertretung ausreisen müsse – die Voraussetzung einer Botschafterkonferenz in Taschkent entfallen würde“, sagte eine Sprecherin des AA. Für März 2009 war eine regionale Konferenz der in den fünf zentralasiatischen Staaten akkreditierten Botschafter in Taschkent geplant. Das Treffen hatte für die usbekische Führung keine weltpolitische Bedeutung und sie pfiff auf die Drohung. Dabei pflegte Deutschland vor allem unter dem damaligen Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) enge Beziehungen zum usbekischen Despoten Karimow, um die Militärbasis der Bundeswehr in Usbekistan zu sichern. Steinmeiers Diplomaten unternahmen alles, um die EU-Sanktionen gegen Usbekistan aufzuweichen und im November 2009 ganz aufzuheben. Die EU-Strafmaßnahmen waren 2005 wegen des Massakers von Andischan verhängt worden.

Vor allem die Friedrich-Ebert- und Konrad-Adenauer-Stiftung profitierten von dem deutschen Schmusekurs in Taschkent. Sie konnten ihrer Arbeit in Usbekistan fortsetzen. Beide Stiftungen hüteten sich, die Menschenrechtsverletzungen zu kritisieren. Genützt hatte es dem damaligen KAS-Mann in Taschkent 2009 nicht. Vielleicht hat der neue Vertreter mehr Glück. Eine Stellungnahme der KAS zu dem Memorandum stand bis Redaktionsschluss aus. MARCUS BENSMANN