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Archiv-Artikel

betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

ESTHER SLEVOGT

Das schöne Wetter könnte noch mal zu einem Ausflug ins Umland verleiten. Ins schöne Potsdam zum Beispiel, wo es nicht nur herrlich herbstliche Parks und Schlossgärten, sondern auch wilde Seeufer zu erwandern gibt. Ein Potsdambesuch könnte sich in diesen Tagen aber doppelt lohnen, denn seit dem 29. Oktober findet dort das kleine wie feine europäische Performancefestival „Unidram“ statt. Die Macher haben sich zur Aufgabe gemacht, Produktionen des freien europäisches Theaters im Grenzbereich von Performance, bildender Kunst, Schauspiel und Tanz zu zeigen: universale Dramen also, die Genre- wie Ländergrenzen überschreiten. Und zwar seit 1994 schon. Im multimedialen Tanztheaterstück „S/He is Nancy Joe“ der Gruppe Tantehorse um die tschechische Performerin Mienka echová, das am Donnerstag im T-Werk Schiffbauergasse zu sehen ist, geht es auch um die Überschreitung von Gendergrenzen. Mienka echová erzählt darin (als Regisseurin, Choreografin und Performerin) von der Rebellion gegen die Festlegung des Geschlechts; von einem Körper, der gegen Klischees, Konventionen, Normierung und vor allem gegen die Einsamkeit des Andersseins kämpft. Dabei verbindet sie tänzerischen Furor, interaktive Comics und Elemente aus Hip-Hop, klassischem Ballett sowie zeitgenössischem Tanz zu einem Akt der Selbstbehauptung durch die Kunst. (T-Werk Potsdam: „S/He is Nancy Joe“ , 31. 11., 21 Uhr; im Rahmen von Unidram. Internationales Theaterfestival Potsdam, 29. 10–2. 11.: das ganze Programm: www.unidram.de)

Manchmal kann bereits der Weg zu den nächstliegenden Dingen eine Expedition in ein anderes Sonnensystem sein. „Expedition in die Nähe“ hat das Künstlerkollektiv HOR seine Zimmerreise überschrieben, zu der es aufbrechen wird. Und zwar auf den Spuren des französischen Offiziers und Schriftstellers Xavier des Maistre und dessen Roman „Voyage autour de ma chambre“, der 1795 erschienen ist. (Theater unterm Dach: „Expedition in die Nähe“, 2. und 3. 11., jeweils 20 Uhr)

Zu einer ganz anderen Reise ist der Regisseur Dimiter Gotscheff aufgebrochen, der am 20. Oktober in Berlin gestorben ist. Das Deutsche Theater, wo in den letzten Jahren wichtige Inszenierungen Gotscheffs entstanden sind, richtet am Sonntag, dem 3. November, eine Trauerfeier für diesen Ausnahmekünstler aus, zu dem Weggefährten, Mitglieder seiner Theaterfamily und vor allem auch seine Zuschauer erwartet werden. (Deutsches Theater: Trauerfeier für Dimiter Gotscheff, 3. 11., 11 Uhr)

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