: Ein durchdachter Zeitplan
TIMING Seit den ersten Enthüllungen im Sommer kommen fast wöchentlich neue Informationen über die Spionageaktivitäten des NSA ans Licht. Die Sachwalter von Whistleblower Snowden arbeiten nach System
BERLIN taz | Die Enthüllungen aus den Dokumenten Edward Snowdens folgen offenbar einer Strategie: Pünktlich zur Ankunft von US-Außenminister John Kerry in Paris vor zehn Tagen brachte die französische Tageszeitung Le Monde die Nachricht von der NSA-Bespitzelung der französischen Regierung.
Kurz vor dem EU-Außenministertreffen vergangene Woche kam im Spiegel die Nachricht von der Abhörung des Merkel-Handys – nachdem die deutsche Bundesregierung die im Juli enthüllte NSA-Überwachung Abertausender Bundesbürger noch heruntergespielt hatte. In Brasiliens O Globo berichtete Greenwald von der Ausspähung der Präsidentin Dilma Rousseff und Mexikos Präsident Enrique Peña Nieto. Die Veröffentlichungen schaffen einen Pulk von verärgerten Ausgespähten, den die US-Regierung immer schlechter ignorieren kann.
Der Kreis um den inzwischen ehemaligen Guardian-Journalisten Glenn Greenwald in Brasilien, die Dokumentarfilmerin Laura Poitra und den Snowden-Vertrauten und Internetaktivisten Jacob Appelbaum in Berlin haben sich offenbar mit Snowden gemeinsam gut überlegt, wann sie welche Information an die Medien durchstecken, um maximale Wirkung zu entfalten.
Von Manning gelernt
Anders als Chelsea (vormals Bradley) Manning gab Snowden eben nicht einfach alle in seinem Besitz befindlichen Dokumente zur Veröffentlichung. Mit immer neuen, gezielten Enthüllungen mit ansteigendem Skandalpotenzial bleibt das Thema nun schon seit fünf Monaten in der Öffentlichkeit.
Die Gegenseite reagiert zunehmend verunsichert – offenbar ist in Washington noch immer nicht ganz genau bekannt, was mit Snowdens Dokumenten alles belegt werden kann. In der vergangenen Woche wurden ausländische Diplomaten über mögliche weitere Enthüllungen aufgeklärt, aber es scheint, als stochere die US-Regierung noch immer im Nebel.
Es wird interessant, wie sich der über die Medien ausgetragene Dialog zwischen Snowdens Sachwaltern und der US-Regierung weiter entwickelt. Bislang ist all das ein klarer Punktsieg für Snowden: In keinem Fall hat die US-Regierung seine Angaben widerlegen können.
Snowden selbst hat unterdessen in Russland einen neuen Job gefunden. Nach Angaben einer seiner Anwälte fängt er an diesem Freitag als technischer Kundenbetreuer einer großen russischen Webseite an. PKT