: Ein Touch Hoffnung für die sterbenden Blätter
LESEKULTUR Das ePaper wird als als Digitalform von Tageszeitungen für die Verlage immer wichtiger
In der Zeitungsbranche werden seit Jahren mit großer, zuletzt rapide wachsender Sorge die noch rapider fallenden Auflagenzahlen der klassischen Verkaufsmodelle – etwa am Kiosk – beobachtet. Irgendein Erfolgsrezept, dem Zeitungssterben etwas entgegenzusetzen, ist nicht in Sicht. Operativ werden daher real Zeitungsverlage und -redaktionen schnell verkauft, solange damit überhaupt noch Geld zu machen ist. Die neuen Eigentümer vertreiben am Ende Blätter mit verschiedenen Markennamen und gleichem Inhalt, hergestellt von einer zentralen Restredaktion, für eine Restkundschaft. Und: Es fallen dabei auch noch ansehnliche Renditen für die Verleger ab.
Natürlich gibt es Verlage und vor allem Redaktionen, die sich hartnäckig gegen das Unaufhaltsame stemmen. Und sich dabei an Strohhalme klammern. Wirklich Strohhalme? Seit dem 2. Quartal 2012 veröffentlicht die „Interessengemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e.V.“ (IVW) die ePaper-Auflagen der Zeitungstitel als Teil der gedruckten verkauften Auflage. Die IVW geht also davon aus, dass es sich beim ePaper um denselben Werbeträger handelt. Soweit der jeweilige Verlag dabei zumindest den halben für die Papierausgabe berechneten regulären Preis erzielt, zählt das ePaper vollwertig. So konnte optisch, nämlich bezüglich der Meldungen der veröffentlichten Verbreitungszahlen, die Dimension der Auflagenverluste der auf Papier gedruckten Zeitungen geringer gehalten werden.
Zudem steigen die ePaper-Auflagen der Zeitungen kontinuierlich und sogar zunehmend deutlich. Damit verbindet sich die Hoffnung, einen Weg gefunden zu haben, ein Stück Lesekultur zu erhalten, weil diese Zeitungen offenbar eben auch im digitalen Zeitalter nachgefragt und bezahlt werden. Trotz niedrigerer Verkaufspreise für ePaper-Ausgaben lassen sich Deckungsbeiträge für die Redaktionen kalkulieren, weil Druckkosten ganz und Vertriebskosten großenteils eingespart werden können. Damit bleibt die Chance erhalten, dass es auch in Zukunft noch unterschiedliche Redaktionskollektive geben könnte, die solch eine erstaunliche Komposition verschiedener Ereignisse wenigstens für einen Tag festhalten, wie sie nur dem Produkt Tageszeitung eigen ist.
■ Andreas Bull, taz-Geschäftsführer, analysiert hier regelmäßig die Lage der taz in der Medienkrise