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Archiv-Artikel

Ein schlaues Pflaster für den Fall

ERFINDUNG Ein Sensorsystem soll bei Stürzen automatisch den Notarzt verständigen

Im Jahr 2011 sind 9.722 Menschen an den Folgen eines Sturzes gestorben. Das sind mehr als doppelt so viele Tote wie nach Verkehrsunfällen. Betroffen davon sind vor allem ältere Menschen, knapp 80 Prozent der Opfer sind über 70 Jahre alt, die meisten von ihnen sind weiblich.

Eine zentrale Ursache für viele schwerwiegende Sturzfolgen dürfte Einsamkeit sein. Denn oftmals sind die Verunglückten unfähig, aus eigener Kraft einen Notruf zu tätigen. Nicht selten liegen sie stundenlang vor ihrer Einlieferung ins Krankenhaus unbemerkt zu Hause. Gerade das kann jedoch irreversible psychische und physische Verletzungen zur Folge haben. Dabei könnten ein schneller Notruf und entsprechende medizinische Versorgung in vielen Fällen ernsthafte Konsequenzen vermeiden.

Das FallWatch-Konsortium, ein Zusammenschluss verschiedener europäischer Unternehmen und Forschungsinstitute unter der Leitung des französischen Start-ups Vigilio S.A., hat mit Vigi’Fall nun ein System entwickelt, das zumindest in der eigenen Wohnung dieses Problem beheben könnte. Die Lösung ist ein kleines, dreieckiges Pflaster. Darin befindet sich ein Biosensor, der den Herzrhythmus seines Trägers misst und so einen möglichen Sturz erkennen kann. In diesem Falle sendet er ein Alarmsignal aus, auf das die in der Wohnung installierten Wandsensoren reagieren. Wird der Alarm ausgelöst, überprüfen diese die Zimmer auf auffällige Bewegungen oder eben deren Ausbleiben. Die Daten werden von einer speziellen Software ausgewertet, so dass das System in der Lage ist, eine Notsituation auch dann zu erkennen, wenn eine Person lediglich langsam zusammensackt.

Wird eine Gefährdung erkannt, benachrichtigt eine zentrale Kontrollbox in der Wohnung den Notdienst. Der kann durch einen Anruf bei der betroffenen Person einen Fehlalarm ausschließen und oder aber schnelle Hilfe anfordern.Das Projekt wurde mit zwei Millionen Euro von der Europäischen Kommission gefördert und ist nach umfangreichen Tests in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und Privatwohnungen seit 2012 im Einsatz. Seit September 2013 ist Vigi’Fall auch in Deutschland erhältlich. Den Vertrieb für öffentliche Einrichtungen soll ab November das Medizintechnik-Unternehmen DetecMed übernehmen.

Für den Privathaushalt existiert eine Home-Version, die über verschiedene Versicherungsunternehmen für monatlich 30 Euro beziehbar ist. Medizinisch ist das sicherlich beruhigend, gegen Einsamkeit im Alter hilft das kleine Pflaster jedoch nicht. LUKAS BÖCKMANN