Aufschub für Hassan Akkouch

Die Berliner Ausländerbehörde hat die Duldung des 17-jährigen Breakdancers verlängert. Weil die Familie keine Papiere hat, kann das Land sie derzeit nicht abschieben. Schon vor drei Jahren saß die Familie im Flugzeug nach Beirut und kam dann wieder

VON SABINE AM ORDE

Hassan Akkouch kann nur noch auf die libanesische Botschaft hoffen. Auf die Vertretung des Landes also, in das der 17-jährige Berliner auf keinen Fall will. Denn Hassan, seine vier Geschwister und ihre Mutter sind Libanesen, doch Pässe haben sie nicht. Diese kann ihnen nur die Botschaft ausstellen. Bislang hat sie das nicht getan. Und deshalb kann das Land Berlin, das die Familie für „vollziehbar ausreisepflichtig“ erklärt hat, die Akkouchs derzeit nicht abschieben. Die Berliner Ausländerbehörde hat die Duldungen der sechs Familienmitglieder daher gestern um ein halbes Jahr verlängert. Ein kleiner Aufschub also, mehr zunächst nicht.

Dabei hat sich die Berliner Härtefallkommission für ein Bleiberecht für die Akkouchs ausgesprochen. Die Familie kam schon 1990 aus dem bürgerkriegszerstörten Libanon nach Berlin, heute gilt sie als gut integriert. Das ist besonders bei Hassan der Fall, der noch nicht einmal zwei Jahre alt war, als die Familie nach Berlin floh. Inzwischen ist er Schulsprecher und Berliner Breakdance-Meister, mit seinem Tanz holt er andere junge Migranten von der Straße. Die Jugendlichen respektieren ihn, weil er als Tänzer ein Vorbild ist. „Er macht eine tolle Arbeit in Berlin-Neukölln“, sagt die Filmproduzentin Iris Stark. Sie hat Hassan vor zwei Jahren gecastet und begleitet ihn seitdem. Jetzt wirkt das Tanztalent an einer Doku-Soap des ZDF zur Fußballweltmeisterschaft mit.

Hassans Mutter war Analphabetin und gerade 18 Jahre alt, als sie nach Berlin kam. Später hat sie sich von ihrem Mann getrennt und die fünf Kinder alleine großgezogen. Gerade macht die 36-jährige an einer Abendschule ihren Hauptschulabschluss nach.

Doch all das nützt nichts. Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) hat die Entscheidung der Härtefallkommission abgelehnt. Damit hat sich der letzte Weg zum Bleiberecht verschlossen. „Die ausländerrechtliche Seite ist erschöpft“, sagt der Anwalt der Akkouchs, Thomas Arndt. Zwei Asylanträge wurden abgelehnt. Kommen die Pässe, wird die Familie abgeschoben. Allerdings weigert sich der Libanon immer wieder, Papiere auszustellen.

Schon seit drei Jahren versucht Berlin, die Familie loszuwerden. Einmal, im April 2003, wurden die Mutter und ihre fünf Kinder bereits abgeschoben. „Vier oder fünf Polizisten kamen morgens um fünf“, erinnert sich Hassan Akkouch. In Tegel wurde die Familie direkt ins Flugzeug gesetzt, erst in Beirut durften sie wieder aussteigen. Am Flughafen, sagt der Anwalt, seien der Mutter die Pässe abgenommen worden. Knapp sechs Wochen blieben die Akkouchs im Libanon, dem Land, das Hassan und seine Geschwister bisher fast nur von Erzählungen kannten. Dann kamen sie zurück nach Berlin.

Hassan will hier bleiben und auf keinen Fall in den Libanon zurück. Im Sommer macht er seinen Realschulabschluss, er hat sich für die Fachoberschule für Sozialwesen beworben, wo er das Abitur machen will. Das, so scheint es, kann nur die libanesische Botschaft verhindern.