: Kinderteller und Frauenparkplätze erlaubt
Das Antidiskriminierungsgesetz gibt ein Signal des Staates – auch wenn es vor allem symbolischer Natur ist
BERLIN taz ■ Das Antidiskriminierungsgesetz ist ein symbolisches Gesetz. Es gibt ein staatliches Signal, dass die willkürliche Benachteiligung von Menschen aufgrund bestimmter Merkmale, wie Geschlecht, Hautfarbe oder sexueller Orientierung geächtet ist – und dass sich Betroffene nun wehren können.
Deshalb war es der SPD auch so wichtig, dass das „Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz“ über die EU-Vorgaben hinausgeht. Es macht keinen Sinn, besonders diskriminierungsgefährdete Gruppen wie Muslime und Juden, Behinderte und Homosexuelle aus einem wertsetzenden Gesetz auszunehmen. Die SPD kann an diesem Punkt also nicht nachgeben, das weiß auch die Spitze der CDU/CSU, da hier jeder Kompromiss wie ein Freibrief zur Diskriminierung wirken würde.
Dennoch wird es im weiteren Gesetzgebungsverfahren sicher noch die eine oder andere kleinere Korrektur geben, um die Kritiker in der Union zu besänftigen. Schließlich war das ganze Verfahren auch bisher schon davon geprägt, immer neue Ausnahmeregelungen einzufügen, um die Akzeptanz des Gesetzes zu erhöhen.
Von Beginn an versuchten SPD und Grüne klarzustellen, dass Kinderteller, Frauenparkplätze, Schwulenbuchläden und katholische Altersheime bestehen bleiben können. Auch der Vermieter kann bei einer Wohnung im eigenen Haus entscheiden, wen er einziehen lässt.
Im Frühjahr 2005 hatten sich SPD und Grüne dann auf 40 zusätzliche Detailänderungen verständigt. Die wichtigste davon: Große Wohnungsbaugesellschaften dürfen bei der Auswahl ihrer Mieter auf eine ausgewogene Bewohnerstruktur achten. Sie dürfen also einen türkischen Interessenten abweisen, um eine türkische Monokultur zu vermeiden.
Im Februar dieses Jahres legte eine Koalitionsarbeitsgruppe weitere 13 Änderungen vor. Im Koalitionsausschuss vorige Woche erreichte die Union etwa noch eine Sonderregelung für die Kirchen. Diese können generell die Anstellung von Andersgläubigen verweigern.
Die Fälle offener Diskriminierung sind gar nicht so häufig. Und gegen versteckte Diskriminierung, bei der für eine Vertragsverweigerung andere Gründe vorgeschützt werden, hilft in der Regel ohnehin kein Gesetz. Christian Rath