pressearbeit : Der Unsouverän
Zitiere nur die Statistik, die du selbst gefälscht hast, lautet eine der geheimen Grundregeln der Politik. Die Landesregierung – genauer: Staatskanzlei und angehängtes Landespresseamt – scheint das jetzt auch bei der NRW-Presseschau zu beherzigen.
KOMMENTAR VON CHRISTOPH SCHURIAN
Aus der Artikelsammlung, die in Ministerien, Behörden oder Redaktionen darüber informiert, was zur Landespolitik erschienen ist, wurde längst eine Presseauswahl, in die Kritisches kaum Eingang findet. Man liest dort eher die Fotohomestory über die „First Lady“ als den scharfen Kommentar zur Arbeitsmarktpolitik. Das ist freilich nicht erst seit dem Regierungswechsel so.
Doch die Wirklichkeitsverzerrung mit Schere und Kleber hat eine neue Dimension erreicht: Eine ohnehin freundliche Bild-Jahresbilanz über das Kabinett wurde aufgehübscht. In Bild schnitt Arbeitsminister Karl Josef Laumann schlecht ab, ein Leistungspfeil zeigte nach unten – in der Presseschau wies der Pfeil nach oben. Auch Ministerpräsident Rüttgers‘ Bilanzpfeil wurde verdreht. Die Landtags-Grünen nennen es Fälschung, ein Regierungssprecher spricht vom Versehen. Dabei steckt hinter der Bastelarbeit Methode.
Statt mit abweichenden Ansichten umzugehen, ducken sich einige Schwarz-Gelbe, kaum dass sie in der Regierung sitzen. So nehmen sich der Arbeitsminister und auch Innenminister Ingo Wolf lieber Zeit für Anzeigenblättchen als für ein Interview mit der taz. Für die taz-LeserInnen ist das zwar schade, aber zu verschmerzen.
Für das Regierungslager gilt es indes, die Gesprächsscheu dringend zu überwinden. Denn Kontaktsperre und gelenkter Schnipseldienst sind Zeichen einer erschütternden Unsicherheit. Wer im ersten Amtsjahr so dünnhäutig Kritisches ausblendet, handelt ideologisch und nicht wie die gewählte Vertretung eines Bundeslandes.