Schwarz-Grün kommt, Ökos gehen

Mit großer Mehrheit winken die Frankfurter Grünen den Koalitionsvertrag mit der CDU durch. Sie preisen ihre neuen Ansätze für „Metropolenprobleme“. Doch Weggefährten aus der Ökobewegung fühlen sich abserviert. Um sie buhlt jetzt die PDS

AUS FRANKFURT AM MAIN KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

Nach dem Kleinen Parteitag der CDU hat auch die Kreismitgliederversammlung der Grünen in Frankfurt am Main die schwarz-grüne Koalition herbeivotiert. 83 Prozent der anwesenden 145 Parteimitglieder billigten am späten Dienstagabend den von der Partei- und Verhandlungsführung vorgelegten Koalitionsvertrag mit der Union – auch wenn der die Stadt ganz sicher nicht zum Paradies auf Erden mache, wie der Kreisvorstand gerne einräumte.

Den Kritikern vor allem aus den Reihen der Bürgerinitiativen gegen den Bau des Riederwaldtunnels und gegen den Flughafenausbau hatte zuvor schon Dany Cohn-Bendit spitzzüngig den Weg aus ihrem Dilemma gewiesen: „Gehen wir in die Kirche und beten, damit die Welt schöner wird.“

Die Provokation traf die vielfach auch mit dem grünen Parteibuch ausgestatteten rund 50 Aktivisten der Bewegungen mitten ins Herz. Rund zwanzig Jahre lang habe man Wahlkampf für die Grünen gemacht, konstatierte etwa der Sprecher des Bündnisses „Unmenschliche Autobahn“ und jetzt werde man von der Partei einfach abserviert. Dass das gigantische Tunnelprojekt zur Verbindung von A 66 und A 661 „Blödsinn“ sei, sagte überraschend auch der designierte Verkehrsdezernent Lutz Sikorski, der den Koalitionsvertrag mit ausgehandelt hat. Immerhin stehe den Tunnelgegnern noch der Klageweg offen. Und Cohn-Bendit verwies auf europäisches Recht. Da sei vielleicht noch was zu machen.

Fest stand allerdings schnell für alle, dass der Abschied vom Widerstand gegen den Riederwaldtunnel der Preis war, den die Grünen für die Neuorientierung der CDU in Beziehungsangelegenheiten zu zahlen hatten. Mit einem Geschäftsordnungsantrag, der eine breite Mehrheit fand, wurde die für viele leidige Debatte um den Tunnel dann schnell abgebrochen und vertagt. Die Demonstranten zogen ab – und draußen warteten schon Aktivisten der Linkspartei/PDS mit offenen Armen auf sie. „Die Grünen verraten ihre Grundsätze“, stand auf ihren Flugblättern, die sie auch unter die Scheibenwischer von Luxuskarossen im Viertel klemmten.

Die Grünen in Frankfurt bald ganz ohne in der Ökologiebewegung verwurzelte Mitglieder? Eine lupenreine Metropolenpartei also? Diese Vorstellung gefällt nicht wenigen in der Partei. Im Koalitionsvertrag jedenfalls seien städtische Probleme angegangen worden, hieß es an diesem Abend überall anerkennend. Man habe bei Themen wie Bildung, Schule und Kindergärten „Meilensteine“ gesetzt, trug Sikorski euphorisch vor. Und Cohn-Bendit freute sich insbesondere darüber, dass ausgerechnet die CDU dazu animiert werden konnte, sich für ein Hilfsprogramm für illegal in der Stadt lebende Ausländer zu erwärmen. Es gehe um deren Gesundheitsversorgung und den Schulbesuch ihrer Kinder. Damit werde erstmals in Deutschland die perspektivlose Politik der Ausweisung respektive der „Vertreibung“ Illegaler beendet, so Cohn-Bendit: „Vertriebenen hat die CDU ja schon immer gerne beigestanden.“

Nahezu ungeteilten Beifall fand auch, dass im Koalitionsvertrag keine Einschnitte in das soziale Netz der Stadt festgeschrieben wurden. Und dass die Umgestaltung der City endlich in Angriff genommen werden soll. „Verdammt viel grüne Politik also“, sagte Kreisvorstand Olaf Cunitz selbstbewusst. Das sahen fast alle so. Der Vertrag wurde durchgewinkt. Drei Magistratsposten warten jetzt auf die Grünen. Und die „heruntergekommene SPD“, bemerkte Cunitz, sei damit weg von allen Fenstern.