CHRISTIAN RATH ÜBER FÖDERALISMUS UND ATOMAUSSTIEG
: Rabiater Atomkurs ohne Chance

Mit der Verlängerung der Laufzeiten wachsen auch die Anforderungen an die Sicherheit

Mit oder ohne – das ist die Frage. Kann die Verlängerung der AKW-Laufzeiten nur mit Zustimmung des Bundesrats beschlossen werden, dann ist sie vom Tisch, denn die Atomfreunde haben nach der Wahl in Nordrhein-Westfalen ihre Mehrheit in der Länderkammer verloren. Wäre das Plazet des Bundesrats dagegen nicht erforderlich, könnten die Atomparteien CDU/CSU und FDP mit ihrer Mehrheit im Bundestag den Ausstieg aus dem Atomausstieg beschließen.

Derzeit werden vor allem Nebelkerzen geworfen. So weisen die Atomfreunde darauf hin, dass der Atomausstieg 2002 zustimmungsfrei gewesen sei. Das Gleiche müsse deshalb heute für die Laufzeitverlängerung gelten. Das ist aber nicht zwingend. Es ist eben nicht dasselbe, ob die Länder (durch Verlängerung der Atomaufsicht) belastet werden oder ob der Bund sie (durch einen baldigen Atomausstieg) entlastet.

Umgekehrt greift aber auch das Gegenargument zu kurz. Die Laufzeitverlängerung ist nicht schon deshalb zustimmungspflichtig, weil so die Atomaufsicht der Länder länger eingespannt wird. Nicht jede Belastung der Landesverwaltung durch ein Bundesgesetz gibt der Länderkammer ein Vetorecht. Sonst wäre ja fast jedes Bundesgesetz zustimmungspflichtig.

Im konkreten Fall kommt es ganz auf die Ausgestaltung des Gesetzes an. Solange sich die Koalition noch nicht entschieden hat, wie lange sie die Laufzeiten verlängern will, kann über die Zustimmungspflicht nichts konkret gesagt werden. Je länger die AKW-Laufzeiten, desto eher sind zum Beispiel neue Sicherheitsanforderungen erforderlich. Und wenn diese verbindlich in das Verwaltungsverfahren der Länder eingreifen, löst dies eine Zustimmungspflicht des Bundesrats aus.

So viel ist also klar: Je rabiater der schwarz-gelbe Pro-AKW-Kurs ausfällt, desto eher wird er schon im Ansatz (das heißt im Bundesrat) scheitern. Und das ist doch einigermaßen beruhigend.

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