Ex-KZ-Wächter vor dem Abflug

Anton Geister arbeitete 31 Jahre lang im Stahlwerk von Sharon im Westen Pennsylvanias, zuerst am Schmelzofen, später im Heizhaus. Er zeugte drei Söhne mit seiner Frau Theresia und lebte 45 Jahre lang in demselben Haus in der Cedar Avenue. Doch damit ist jetzt Schluss. Denn der 85-Jährige wird nach dem Urteil eines US-Bundesgerichts aus Amerika abgeschoben – in das Land, aus dem er 1956 einwanderte, nach Österreich. Der Grund: Geiser arbeitete ab 1943 als Wachmann und Mitglied der SS-Totenkopfverbände im Nazi-Konzentrationslager Sachsenhausen bei Berlin, später im Nebenlager Arolsen in Hessen und gegen Kriegsende im KZ Buchenwald.

Über seine dunkle Vergangenheit hat der heutige Rentner lange geschwiegen gegenüber seiner Verwandtschaft, aber auch, was schwerer wiegt, bei seiner Einwanderung im Jahre 1956. Da teilte er den US-Behörden lediglich mit, er sei deutscher Soldat gewesen. „Ich habe mich geschämt“, sagt er heute. Wegen dieser falschen Angabe wurde ihm schon 2006 die Staatsbürgerschaft entzogen. Die USA seien entschlossen, „solchen Individuen“ wie Geiser die Zuflucht zu verweigern, begründete Vizejustizminister Lanny Breuer gestern die Ausweisung. „Als Nazi-Wachmann im KZ muss sich Geiser für seine Rolle bei der Verfolgung unzähliger Männer, Frauen und Kinder verantworten.“

Geiser, 1924 in Kroatien als Angehöriger der deutschen Minderheit geboren, hat seine Tätigkeit im KZ gegenüber den Behörden eingeräumt. „Ich versuchte mein Bestes zu geben, was immer meine Aufgaben waren“, sagte er. Einen Mord will er freilich niemals begangen haben. Vermutlich etwa 40.000 Gefangene allein in Sachsenhausen überlebten das KZ nicht.

Bei Kriegsende setzte sich Geiser aus Buchenwald ab. Seine Eltern lebten inzwischen in Bayern, und er zog zu ihnen. 1948 ging er nach Österreich, weil dort seine Freundin und spätere Frau Theresia lebte. Von dort gelang dem Paar vor 54 Jahren der große Sprung nach Amerika.

Dass Geiser nach seiner Ausweisung in Österreich vor Gericht gestellt werden kann, ist unwahrscheinlich. Ein Mord ist ihm bisher nicht nachweisbar. Und alle seine anderen Taten sind verjährt. KLAUS HILLENBRAND