: Glatzen prügeln gnadenlos weiter
Am Wochenende kam es zu zwei rassistischen Übergriffen. In Berlin wurde ein Italiener verletzt, in Eisenach ein Tunesier. Ausländerbeirat warnt vor wachsender Fremdenfeindlichkeit und „unsäglichen“ Diskussionen über Einbürgerungstests
von FELIX LEE
„Fußball-WM als Bühne der deutschen Naziskins“, titelte La Stampa. Italiens größte Tageszeitung, La Republica, schrieb von „Fremdenhass vor der Fußball-WM“. Während so gut wie alle italienischen Tageszeitungen gestern über den rassistischen Übergriff auf einen 30-jährigen italienischen Staatsbürger in Berlins Stadtteil Prenzlauer Berg berichteten, war der Vorfall den Berliner Tageszeitungen allenfalls eine kurze Meldung wert.
Man werde selbstverständlich „alles tun, um die Täter ausfindig zu machen und einer Bestrafung zuzuführen“, versicherte Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) sogleich und fügte hinzu: „Solche Taten beschämen Berlin und sind absolut nicht zu tolerieren.“ Mehr war jedoch auch zwei Tage nach dem Übergriff von offizieller Stelle nicht zu entnehmen. Und von der Polizei kam bloß der lapidare Hinweis, dass der Staatsschutz ermittelt. Neue Erkenntnisse gebe es nicht.
Der Übergriff ereignete sich in der Nacht zum Sonntag. Drei schwarz gekleidete Männer mit Glatzen müssen so gegen 1 Uhr auf den seit drei Jahren in Berlin lebenden Mann aus Sardinien zugegangen sein und ihn gefragt haben, welcher Nationalität er zugehöre. Nachdem er mit „Italiener“ antwortete, beschimpften ihn die drei zunächst als „Scheißausländer“. Einer der Täter zog anschließend einen Baseballschläger hervor und schlug auf ihn ein. Als ein Passant dem 30-Jährigen zu Hilfe eilte, waren die Angreifer bereits geflüchtet. Der italienische Staatsbürger erlitt am Kopf eine Platzwunde. Die Verletzung am rechten Knie musste noch in derselben Nacht im Krankenhaus operiert werden. Der italienische Konsul, Fausto Panebianco, bat die deutschen Behörden um zügige Aufklärung.
Dass sich der Vorfall ausgerechnet im belebten Teil des Berliner Szene-Stadtteils Prenzlauer Berg abspielte, scheint zunächst überraschend, ist jedoch kein Novum, sagt Bianca Klose von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR). „An dieser Stelle ist es in den vergangenen Jahren immer wieder zu Übergriffen gekommen“, sagte Klose. Dies sei bloß Ausdruck einer Situation, mit der nicht nur die ostdeutsche Provinz, sondern auch Berlin seit längerer Zeit zu tun habe. Wie bei dem rassistischen Übergriff am Ostersonntag in Potsdam ist für Klose die herausragende Frage auch nicht, woher denn die Täter kommen: Sie müssten nicht erst einer rechten Organisation angehören, um auf missliebige Menschen einzuschlagen.
Besorgt über die Angriffe zeigte sich auch der Bundesausländerbeirat. Der Angriff sei ein Zeichen für eine wachsende Fremdenfeindlichkeit in Deutschland. Nicht nur zu Zeiten einer Fußballweltmeisterschaft könne und dürfe sich Deutschland so etwas nicht leisten, sagte der Vorsitzende der Organisation, Memet Kilic. Neben dem Staatsschutz stehe vor allem die Politik in der Verantwortung: „Die unsäglich geführten Diskussionen über Einbürgerungstests, Gewalt an Schulen oder die Bedrohung Deutschlands durch Islamisten ermutigen die Täter geradezu, aus Parolen Gewalt werden zu lassen“, betonte Kilic.
Berlin war am Wochenende nicht der einzige Tatort. Nach dem gleichen Muster haben zwei Männer am frühen Sonntagmorgen in der thüringischen Stadt Eisenach einen 34 Jahre alten Mann aus Tunesien schwer verletzt. Der Mann sei laut Angaben der Polizei auf dem Nachhauseweg gewesen, als die die etwa 30 bis 40 Jahre alten Männer ihn angriffen und zusammenschlugen. Das Opfer erlitt eine Platzwunde im Gesicht und musste im Krankenhaus ambulant behandelt werden. Auch im Eisenacher Fall sprach die Polizei von kahlköpfigen Angreifern.