Hauseigentümer mauert wieder

Geschützt durch ein Großaufgebot von Polizisten, kontrolliert der Eigentümer eines ehemals besetzten Hauses in Friedrichhain, ob dessen Mieter dort korrekt wohnen. Später werden Teile der Wohnungen zugemauert. Mieteranwalt prüft Klage

VON SILKE KOHLMANN

Mit einem Großaufgebot an Beamten hat die Polizei dem Eigentümer eines ehemals besetzten Hauses Zutritt zu dem Gebäude verschafft. Rund 50 Polizisten schützten Suitbert Beulker bei seinem unangemeldeten „Besuch“ gestern Morgen in der Rigaer Straße 94. Dort sind im ersten und zweiten Stock zwei einzelne Zimmer in Wohnungen offiziell vermietet. Laut Polizeisprecher Ditmar Schulz wollte Beulker „prüfen, ob über die zwei Zimmer hinaus Räume bewohnt“ wären. Da die auf Vorder- und Hinterhaus verteilten rund 30 Bewohner des Hausprojekts die Haustür nicht öffneten, brach die Polizei ein Fenster im Erdgeschoss aus. Das Haus war 1990 besetzt worden.

Der Zugang zum Haus sei versperrt gewesen, rechtfertigt der Sprecher den Einsatz der Polizisten. Es sei zudem mit Widerstand der Bewohner zu rechnen gewesen. „Der Polizeieinsatz war zum Schutz des Eigentümers notwendig“, sagte Schulz. Der Verdacht, dass neben den beiden vermieteten Zimmern auch andere Räume mit Möbeln bestückt waren, habe sich bestätigt, so der Polizeisprecher. Teile der Wohnungen wurden gestern Nachmittag deswegen zugemauert. Der Hauseigentümer wolle nun zudem Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung stellen.

Ein Sprecher des Wohnprojekts erzählt eine ganz andere Geschichte. Die BewohnerInnen seien zum Zeitpunkt des Zugriffs nicht anwesend gewesen. Als er mit anderen Mietern am Haus ankam, waren die Polizisten bereits durchs Treppenhausfenster eingedrungen. „Wir haben den Einsatzleiter befragt, was denn los sei. Die Bullen fingen aber gleich an rumzuschubsen“, berichtet Martin. Die Bewohner seien ins Haus gedrängt und beschimpft worden. In den Wohnungen im Vorderhaus seien Bewohner aufgefordert worden, alle Gegenstände nach draußen zu tragen. Als eine Mieterin die gerichtliche Verfügung über die Nutzung der Räume vorlegte, hätten die Einsatzkräfte das Mobiliar in die vermieteten Zimmer zurücktransportieren lassen.

Nach Aussage des Anwalts der Bewohner, Gerhard Fuchs, sei eine Klage gegen den rüden Auftritt der Polizei und des Hausbesitzers möglich. „Ohne Durchsuchungsbeschluss darf weder der Hauseigentümer noch die Polizei die vermieteten Zimmer betreten“, erklärt Fuchs. Da die Bewohner die Zimmer seit über einem Jahr bewohnen, hätten sie – auch ohne Mietvertrag – das Besitzrecht. Es müsse nun geprüft werden, ob die Polizei die vermieteten Zimmer betreten habe. Ob er Klage einreichen werde, sei noch unklar.

Das Hausprojekt besteht seit 1990. Die BewohnerInnen hatten sich im März 2000 zu einer Genossenschaft zusammengetan, um das Haus mit der Nummer 94 zu kaufen. Das Unternehmen war jedoch gescheitert; noch im gleichen Jahr kaufte Beulker das Gebäude. Er ließ vor einem Jahr drei Wohnungen im Haus räumen – eigenmächtig und damit gesetzeswidrig. Anwalt Fuchs hatte für seine Mandanten eine einstweilige Verfügung für zwei Zimmer erstritten. Per Gerichtsvollzieher war das Urteil vollstreckt worden, die Mieter konnten wieder einziehen.

Beulker besitzt neben dem Haus Rigaer Str. 94 auch die Gebäude mit den Nummern 95 und 96 sowie ein angrenzendes Haus in der Liebigstraße. Auch mit deren Bewohnern lag Beulker schon mehrmals im Rechtsstreit.