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Archiv-Artikel

Mehdorn schenkt Berlin eine S-Bahn

Im Nord-Süd-Tunnel soll während der WM eine S-Bahn pendeln. Bisher hatte Nahverkehr dort nichts zu suchen. Mit der Idee ließe sich der Hauptbahnhof auf Dauer besser anbinden, sagen die Grünen. Doch Senat und Bahn ist das zu teuer

VON ULRICH SCHULTE

Es ist eine Eisenbahnrevolution: Die Deutsche Bahn lässt die S-Bahn in ihren neuen Nord-Süd-Tunnel. Zwischen ICEs und Regionalzügen fährt künftig alle zwanzig Minuten eine S-Bahn zwischen den Stationen Gesundbrunnen und Südkreuz hin und her – allerdings nur während der WM-Wochen vom 8. Juni bis zum 10. Juli. „Das ist unser Geschenk an die Stadt zur Fußball-WM“, sagt Ingulf Leuschel gestern, Konzernbevollmächtigter für Berlin. Ursprünglich durfte der Nahverkehr nicht in die Röhre mit vier Gleisen, die unter dem Tiergarten hindurchführt.

Die Bahn will den Pendelverkehr, der auch den Hauptbahnhof und den Potsdamer Platz bedient, als „Vorlaufbetrieb der S 21“ verstanden wissen. Jene soll den Hauptbahnhof leistungsstark in Nord-Süd-Richtung erschließen. Ihr Bau wurde mehrfach verschoben, zu Baubeginn und Fertigstellung wollen sich weder S-Bahn noch Senat äußern – obwohl der Planfeststellungsbeschluss seit Februar vorliegt.

Jetzt kommt zeitlich befristet die Miniversion. Drei knallrot lackierte Triebwagen hat die Bahn dafür eigens von der Münchner S-Bahn ausgeliehen. Das war nötig, weil in dem Bahntunnel eine Oberleitung die Züge mit Strom versorgt; Berliner S-Bahnen nehmen Strom an einer Extra-Schiene im Gleis ab. Die Lösung, mit Zwei-System-Zügen durch den Tunnel zu fahren, hatten einst die Grünen vorgeschlagen. Die Triebwagen könnten auf beiden Gleissystemen fahren. „Die Züge könnten am Bahnhof Papestraße auf die Fernbahngleise auf die Nord-Süd-Trasse geleitet werden“, sagt Verkehrsexperte Michael Cramer (s. Interview rechts).

Ist der Pendelverkehr tatsächlich der Vorläufer so einer Linie? „Ein schönes Akquisitionsprojekt“ nennt Christfried Tschepe vom Fahrgastverband Igeb den Pendelverkehr. Was das „Geschenk“ kostet, will Bahnmanager Leuschel nicht sagen, macht aber klar: Für eine Fortführung des Projekts müsste das Land aufkommen (s. Interview links).

Nach taz-Informationen hatte der Konzern mehrfach beim Senat angefragt, ob er nicht die Linie bestellen und bezahlen wolle. Das wundert kaum: Die Auslastung des Tunnels ist zu gering. Doch der Senat lehnte ab. „Der Nutzen eines Pendelverkehrs ist angesichts der hohen Kosten zu gering“, sagt Petra Rohland, Sprecherin der Verkehrsverwaltung. Man setze lieber auf die S 21. Die soll in ferner Zukunft den Hauptbahnhof mit dem S-Bahn-Ring verbinden. Die Fahrgäste könnten – ohne umzusteigen – viele Stationen anfahren.

Bei der S-Bahn hat sich noch mehr getan. Die Erneuerung großer Teile des Netzes sei abgeschlossen, so Leuschel. Erstmals seit 1961 fahren die Linien S 41 und S 42 in Endlosschleifen um den Ring. Während der WM fahren alle Bahnen nachts durch.