: Handstand im Boliden
Formel-1-News: Ab der kommenden Saison treten sensationelle Regeln in Kraft
Sinkende Erdölvorräte, explodierende Benzinpreise, Sprit fressende PS-Monster – die Energiekrise macht vor dem Rennzirkus nicht halt. Auch Schumacher & Co. werden sich in Zukunft auf veränderte Rahmenbedingungen einstellen müssen. Hier die wichtigsten Neuerungen, die ab der kommenden Saison eingeführt werden sollen und schon jetzt für nicht geringe Aufregung im Fahrerlager sorgen:
Benzinpreise von über 1,30 Euro zwingen auch die Rennställe zum Umdenken. Für kostenbewusste Formel-1-Piloten sollen ab 2007 Selbstbedienungstankstellen am Rand der Rennstrecken eingerichtet werden. „Das bisherige System mit Tank-Crew und Rundumservice ist einfach nicht mehr zeitgemäß“, meint der Rennvermarkter Bernie Ecclestone. Selbst tanken sei auch für die Fahrer absolut zumutbar. „Damit sparen wir bei jedem Tankstopp ein schönes Sümmchen ein“, assistiert ihm der sparsame Schwabe Norbert Haug vom Mercedes-Team. Michael Schumacher nimmt es gelassen: „Solange ich nicht auch noch die Windschutzscheibe putzen muss, soll es mir recht sein.“ So spricht ein wahrer Sportsmann.
Auch bei den Motoren sollen weitere Einsparpotenziale ausgereizt werden. Statt Achtzylindermotoren mit 2,4 Litern Hubraum werden Vierzylindermotoren mit oben liegender Nockenwelle, Doppelvergaser und maximal 1,6 Liter Hubraum vorgeschrieben. Sicher, Beschleunigungszeiten von 20 Sekunden, bis die Endgeschwindigkeit von 155 Stundenkilometer erreicht ist, reißen heuten nur noch hart gesottene Rennsportfreaks vom Hocker, aber wer die Umwelt schonen will, muss eben Opfer bringen. Weltmeister Fernando Alonso zu der einschneidenden Triebwerksreform: „Ein Drehmoment wie eine Kaffeemühle. Am Anfang denkst du, mit dem Motor stimmt was nicht. Das Fahrgefühl erinnert mich an einen Renault R 16 von 1967. Aber immerhin hat man ein bisschen mehr Zeit zum Nachdenken.“
Beim Großen Preis von Europa 2007 auf dem Nürburgring werden es die Fahrer dann erstmals mit einem neuen Gegner zu tun haben: einem Fußgängerüberweg auf der Zielgeraden. Trotz der Fahrerproteste setzte die Rennleitung diese ungewöhnliche Neuerung zum Schutz der Zuschauer durch. „In der Vergangenheit mussten Zuschauer, die von der Tribüne zum Bierholen auf die andere Seite der Rennstrecke wollten, ihr Leben aufs Spiel setzen“, erklärt Rennleiter Hajo Bensen. „Allein letztes Jahr kamen mehr als 20 Motorsportfreunde auf der Zielgeraden um, nur weil sie ihren Bierdurst nicht zügeln konnten. Ich hoffe, dass die Ampelanlage das Rennen sowohl sicherer als auch spannender machen wird.“ Die Profis aus dem Fahrerlager kommentieren die Entscheidung mit unverhohlener Kritik. „Diese angeblichen Fans kenne ich“, mosert Ralf Schumacher, „sie werden in einem fort die Seite wechseln– rüber zum Bierholen, zurück auf den Sitzplatz, dann wieder rüber eine Curry-Wurst holen, wieder zurück und so weiter – und jedes Mal wird die Ampel gedrückt. Ich schätze, die Ampel wird die meiste Zeit auf Rot stehen.“ Auch Altmeister Hans Stuck kann sich mit der Regelung nicht anfreunden. „Ich bin auch für eine Reduzierung der Verkehrstoten, aber eine Ampel hat auf einer Rennstrecke nichts zu suchen. Das geht einfach zu weit.“ Man darf gespannt sein, wie die Fans den zuschauerfreundlichen Service annehmen werden.
Die Verantwortlichen des Großen Preises von Italien haben daraufhin ebenfalls eine Neuerung angedacht, die für erregte Debatten im Fahrerlager sorgen wird. Die Offiziellen der in Zahlungsschwierigkeiten befindlichen Rennstrecke von Monza wollen die Zielgerade des Traditionsrundkurses zur gebührenpflichtigen Strecke erklären und Zahlhäuschen wie auf den italienischen Autobahnen errichten lassen. In Vorahnung der Fahrerproteste beeilt sich Monza-Geschäftsführer Luca Pontezoli zu versichern, dass auf jeden Fall genügend Spuren zur Verfügung stehen werden und nur mit geringen Wartezeiten an den Mautstationen zu rechnen sei. Bleibt zu hoffen, dass die Fahrer dann mit genügend Kleingeld unterwegs sind.
Als wichtigste Neuerung aber gilt, dass die Fahrer künftig auch durch andere Elemente als nur Tempo und Geschwindigkeit zum Sieg kommen können. Nach dem neuen Reglement des Motorsport-Dachverbands FIA wird zum Auftaktrennen der Saison 2007 ein Bewertungssystem eingeführt, das Haltungsnoten für die Fahrer vergibt. Damit soll laut der Fédération Internationale de l’Automobile der künstlerische Ausdruck bewertet werden, den der Fahrer in seinem Boliden zur Schau trägt. Die so genannte B-Note wird in Punkte umgerechnet, die zu den Platzpunkten am Rennende addiert werden. Die FIA erwartet sich von der ästhetischen Note spektakuläre Stand- und sogar Handstandfahrten vor den Zuschauerrängen, die besonders die Damenwelt für die Formel 1 begeistern sollen. RÜDIGER KIND