Grundsätzlich hinterfragen

ETHISCHES MANAGEMENT Gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen gehört für viele Unternehmen zum guten Ton. Hochschulen reagieren darauf mit neuen Studiengängen

VON VOLKER ENGELS

Die Internationale Kunsthochschule für Mode (Esmod Berlin) will sich mit ihrem Studiengang Sustainability in Fashion „konsequent den Anforderungen eines neuen Bewusstseins der Modeindustrie stellen“, sagt Friederike von Wedel-Parlow, Leiterin des einjährigen Studiengangs. Rund 15 Studierende, die in der Regel bereits einen Bachelor-Abschluss in der Tasche haben, durchlaufen aktuell den kostenpflichtigen Master-Studiengang. In der Modebranche gebe es in puncto Nachhaltigkeit viel zu tun, man „beginnt aber langsam umzudenken“. Es stünden nicht nur die Themen faire Löhne oder Kinderarbeit auf der Agenda, auch ökologische Fragen müssten diskutiert werden. „Allein 20.000 Chemikalien, von denen viele giftig sind, kommen weltweit in der Mode- und Textilindustrie zum Einsatz.“ Dass es auch gesündere und ökologische Alternativen gibt, auch was Fragen bewussten Konsums, Nutzung und Wiederverwertung angeht, lernen die Studierenden an der Kunsthochschule.

Die Studierenden beenden den Studiengang mit einem Masterprojekt. Dabei kooperiert die Hochschule mit nationalen und internationalen Firmen. „Eine Studentin ist zum Beispiel in Marokko der Frage nachgegangen, wie sich das alte Lederhandwerk vor Ort wiederbeleben und ökologisch umsetzen lässt“, erzählt von Wedel-Parlow. Nach dem Ende des Masterprojekts würden sich einige Absolventen selbstständig machen, andere hätten sehr gute Kontakte in die Branche geknüpft. „Viele Firmen haben ein großes Interesse am Thema Nachhaltigkeit, oft fehlt schlicht das Wissen – davon profitieren beide Seiten.“ Positive Beispiele aufzuzeigen, glaubt die Professorin, sei besser „als in der Modebranche immer mit dem erhobenen Zeigefinger rumzurennen“. Doch müsse man mit dem Studiengang, den es in Berlin erst seit drei Jahren gibt, „auch eine Menge Pionierarbeit leisten“.

Alleine sind die Kreuzberger dabei nicht: Ab dem Sommersemester 2014 bietet die HNE Eberswalde (FH) den viersemestrigen berufsbegleitenden Masterstudiengang „Strategisches Nachhaltigkeitsmanagement – Management von Nachhaltigkeitstransformationen in der Flächen- und Ressourcennutzung“ an. Der Studiengang will Schlüsselkompetenzen für die Planung und Steuerung eines Organisationswandels in Richtung Nachhaltigkeit vermitteln. Zielgruppen des Fernstudiums sind berufstätige Fach- und künftige Führungskräfte in Unternehmen und Non-Profit-Organisationen wie Verwaltungen, Verbände oder Stiftungen. „Fachkräfte brauchen das Handwerkszeug, um Veränderungen in ihrem Unternehmen anstoßen zu können“, sagt Studiengangleiter Benjamin Nölting. Bestandteil des Fernstudiums, das drei Präsenzphasen pro Semester beinhaltet, ist ein sogenanntes Praxismodul: „Die Studierenden bearbeiten dort eine konkrete Fragestellung aus ihrer beruflichen Praxis, sodass das Unternehmen und die Studierenden gleichermaßen etwas davon haben.“ Inhaltlich geleitet werden die einzelnen Module des kostenpflichtigen Studiums jeweils durch einen Wissenschaftler und einen Praktiker. „Wir verstehen den Studiengang als Ideenlabor“, sagt der Politikwissenschaftler, „in dem durch den Austausch neue Konzepte entwickelt werden.“

Studierende aus der ganzen Welt finden den Weg ins beschauliche Zittau, um den viersemestrigen Masterstudiengang Business Ethics und CSR-Management zu belegen. „Unternehmen müssen zunehmend gesellschaftliche Verantwortung (Corporate Social Responsibility) und erfolgreiches ethisches Management praktizieren, um einen nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg zu erzielen“, sagt Michael Aßländer, Professor für Wirtschafts- und Unternehmensethik am Internationalen Hochschulinstitut Zittau (IHI), das zur Technischen Universität Dresden gehört.

Neben dem „klassischen Handwerkszeug“ beschäftigen sich die Studierenden unter anderem mit Philosophie, der Sozialtheorie oder Nachhaltigkeitsberichterstattung. Um die Anbindung an die Praxis zu gewährleisten, arbeitet das IHI eng mit der Wirtschaft zusammen. CSR-Studiengänge, ist Aßländer überzeugt, seien ein „Wachstumsbereich“. Die Begriffe Glaubwürdigkeit und Verantwortungsbewusstsein müssten auch in Unternehmen mit Leben gefüllt werden: „Es geht bei CSR nicht darum, nur mal schnell einen Nachhaltigkeitsbericht als Hochglanzbroschüre zu erstellen.“

Die Zahl der Studienplätze ist auf maximal 30 pro Jahr begrenzt. Bewerber müssen in einem Auswahlverfahren ihre persönliche Motivation, Vorkenntnisse und Erfahrungen erläutern.

Wer aufgenommen wird, kann sich dann über eine enge Betreuung freuen: „Sie können sich hier in der Kneipe nicht danebenbenehmen, weil sicher irgendein Professor in der Nähe ist“, sagt Aßländer schmunzelnd.