: Peter Ramsauer rechnet Siedlungsstatistik grün
FLÄCHEN Grünanlagen sollen künftig nicht mehr zur Siedlung zählen. Der Nabu kritisiert die „Trickserei“
BERLIN taz | Ob Park, Garten oder Wiese – ein bisschen Natur zwischen Straßen und Betonbauten gibt der Stadt ein freundliches Gesicht. Bundesbauminister Peter Ramsauer (CDU) plant als Vorsitzender der Ministerkonferenz für Raumordnung, dass grüne Inseln in Städten nicht länger als Siedlungsflächen in der Statistik auftauchen. Er strebt eine „differenzierte Betrachtung“ an. Dafür erntet er Kritik vom Naturschutzbund (Nabu).
„Versiegelte Flächen wie Straßen und Bauten sind aber nicht das einzige Problem“, sagt Ulrich Kriese, siedlungspolitischer Sprecher des Nabu. Zwar seien die innerstädtischen Parkanlagen und Wiesen auch wertvolle Biotope, doch führten auch sie dazu, dass sich die Siedlungen immer weiter ausbreiteten.
Seit Jahren steht das Thema Flächenverbrauch auf der politischen Agenda. Täglich werden in Deutschland 100 Hektar Landschaft zugepflastert. Bis 2020 wollte die einstige rot-grüne Bundesregierung den Flächenverbrauch auf täglich 30 Hektar beschränken. Dazu verpflichtete sich auch die derzeitige Bundesregierung im Koalitionsvertrag.
Ramsauers Vorstoß bezeichnet der Nabu als „Trickserei“. Denn werden die Flächen neu berechnet, käme die Regierung dem 30-Hektar-Ziel deutlich näher – auch wenn sich faktisch nichts ändere. Der eigentliche Sinn des Flächensparziels, die Städte nicht weiter auszudehnen und die Landschaft nicht zu zersiedeln, werde nicht beachtet. „Neue Siedlungen müssen erneuert und erhalten werden“, sagt Kriese. Da die Bevölkerung abnimmt, sei ihm unklar, wer das später bezahlen solle.
Das Bundesbauministerium teilte mit, die Ministerkonferenz für Raumordnung werde „weitere Anstrengungen“ unternehmen, um den Flächenverbrauch zu reduzieren. Durch neue Gesetze werde die Innenentwicklung der Städte und Gemeinden unterstützt.
Nicht genug, meint Ulrich Kriese. Um die Bebauung von Landschaft zu reduzieren, schlägt er vor, die Grundsteuer deutlich zu erhöhen. Nur wenn es sich nicht länger lohne, Grundstücke brachliegen zu lassen, könnten Baulücken innerhalb einer Stadt geschlossen werden. Zudem fordert er, die Grunderwerbsteuer innerorts abzuschaffen, um mehr Menschen zum Bauen in die Städte zu locken. JULIA HENKE