: Spenden schenken
GUTE TAT Viele gut gemeinte Geschenke trudeln ein und fristen ein trist-staubiges Dasein in Schränken und Garagen. Doch es gibt eine sinnvolle Alternative: Spenden zu verschenken
VON VOLKER ENGELS
Bürgerkrieg in Syrien, Tsunami auf den Philippinen, Urwaldrodungen in Südamerika: Die Liste der akuten Katastrophen könnte noch lange fortgeführt werden. Wer sich umschaut, steht immer vor der Frage: Was kann ich dagegen tun? Wer keine Verlegenheitsgeschenke bei Familie und Freunden verteilen möchte, hat zumindest schon mal einen guten Anlass, darüber nachzudenken, wo man sein Geld sinnvoll investieren könnte. Das heißt im nächsten Schritt: Akteure zu finden, die vertrauenswürdig sind.
Schon seit 1957 fördert die Aktionsgemeinschaft Solidarische Welt e. V. (ASW) mit Sitz in Berlin Selbsthilfeprojekte in den Ländern des Südens. Jedes Jahr unterstützt die ASW, nach eigenen Angaben eine der ältesten entwicklungspolitischen Organisationen in Deutschland, rund 60 Projekte in sechs Ländern „Wir wollen die Menschen stärken, weil die am besten wissen, was vor Ort nötig ist“, sagt Tobias Zollenkopf, bei der ASW für die Spendenbetreuung zuständig.
Vor allem kleinere Initiativen in vier afrikanischen Ländern sowie in Indien und Brasilien, die in den jeweiligen lokalen Gemeinschaften verankert sind, werden unterstützt. Auch vergleichsweise geringe Beträge von 5.000 Euro könnten viel bewirken.
„Es ist möglich, zweckgebunden zum Beispiel für Frauenprojekte in Afrika zu spenden“, unterstreicht Zollenkopf. Rund zwei Drittel ihrer Mittel erhält die ASW über Spenden. Wer die Arbeit des Vereins unterstützt, erhält nicht nur eine Spendenquittung, sondern auch viermal im Jahr eine Zeitschrift, in der über die Entwicklung von konkreten Projekten berichtet wird. Darüber hinaus werden Spender eingeladen, wenn Projektpartner nach Deutschland kommen: „Für viele ist es zum Beispiel spannend, wenn Frauen aus Indien erzählen, wie sie sich vor Ort gegen Gewalt wehren.“ Im kommenden Jahr wird die ASW Projekte im Senegal und eine Saatgutmesse besuchen. Auch Spender und Förderer werden, auf eigene Kosten, dabei sein.
Neben den klassischen Spenden wirbt die ASW um sogenannte Anlassspenden. Statt eines Geburtstags- oder Weihnachtsgeschenkes werden Freunde oder Verwandte zum Beispiel um Spenden für kastenlose Kleinbauern in Indien gebeten.
Wer sich im Vorfeld seiner Spende über eine Organisation informieren will, kann diese auf der Seite des DZI (Deutsches Zentralinstitut für soziale Fragen) erledigen, das eines der bekanntesten Spendensiegel vergibt. Spendenorganisationen erhalten das kostenpflichtige Siegel auf Antrag, wenn sie klar definierte Standards erfüllen. So müssen Spendenorganisationen sich unter anderem zu einer „wahren, eindeutigen und sachlichen Spendenwerbung verpflichten“, erläutert DZI-Geschäftsführer Burkhard Wilke. „Wenn sich die Anfragen von potenziellen Spendern häufen, die sich für eine bestimmte Organisation interessieren, werden wir auch ohne Antrag tätig.“ Organisationen, die bei dieser Basisprüfung negativ auffallen, werden in einer Negativliste aufgeführt. Allerdings gibt es auch seriöse Organisationen, die die Verwendung ihrer Spenden transparent machen, auf das DZI-Siegel aber verzichten.
In der „Initiative transparente Zivilgesellschaft“ haben sich zahlreiche Akteure aus der Zivilgesellschaft und der Wissenschaft auf zehn grundlegende Punkte geeinigt, die jede zivilgesellschaftliche Organisation der Öffentlichkeit zugänglich machen sollte. Dazu zählen unter anderem die Satzung, die Namen der wesentlichen Entscheidungsträger sowie Angaben über Mittelherkunft, Mittelverwendung und Personalstruktur. Auf der Basis von Stichproben überprüft die Initiative, zu deren Trägern auch die deutsche Sektion von Transparency International gehört, ob die gemeinnützigen Organisationen diese Standards auch einhalten. Aktuell haben 490 gemeinnützige Organisationen die Selbstverpflichtung unterzeichnet.
Der Weltfriedensdienst (wfd), der sich nach eigenen Angaben „gegen die ungleiche Verteilung von gesellschaftlichem Reichtum wendet, die durch ungerechte Weltwirtschaftsstrukturen verursacht wird“, arbeitet ebenfalls mit Spenden. In Afrika, Lateinamerika und in Asien unterstützt die Organisation insbesondere die Arbeit von Basisinitiativen, in Deutschland will der Weltfriedensdienst den Anliegen seiner Südpartner Gehör verschaffen.
Unter dem Motto „Spenden statt Geschenke“ wirbt der wfd zum Beispiel für Spenden, mit denen Kindern in Benin der Schulbesuch ermöglicht wird. „Mit dem Geld werden nicht nur Schulgeld oder Lehrmaterialien finanziert, sondern auch Nahrungsmittelbeihilfen“, sagt Carola Gast, die unter anderem das Benin-Projekt betreut. Gäbe es diese Beihilfen nicht, „müssten viele Kinder arbeiten, um zum Lebensunterhalt der Familie beizutragen, und könnten nicht zur Schule gehen“. Aktuell würden „ausschließlich über Spenden“ jährlich rund 50 Bildungspatenschaften in Benin finanziert. Die ersten Erfolge können sich sehen lassen, weiß Carola Gast: „Die ersten Absolventen arbeiten heute als Lehrer, Hebamme, Sekretärin, Krankenschwester oder Polizist.“
Menschen, die dieses oder andere Projekte mit ihrer Spende unterstützen, erhalten einmal im Jahr einen Entwicklungsbericht und werden eingeladen, wenn ausländische Projektpartner in Deutschland über ihre Arbeit vor Ort berichten.
Wer seine Spende regionaler ausrichten will, findet in Berlin zahlreiche Möglichkeiten, mit seinem (oder dem geschenkten) Geld etwas Sinnvolles zu tun: Beratungsstellen für Sinti und Roma sind da genauso zu nennen wie die zahlreichen Projekte für Wohnungslose, die vor allem im Winter dringend auf Spenden angewiesen sind. Der wfd hat auch eine Idee für Spender ohne dickes Portemonnaie: Mit „Spenden Sie Zeit“ werden Interessierte aufgefordert, sich ehrenamtlich zu engagieren. Das Motto „Zeit ist Geld“, neu interpretiert, ist also auch eine Möglichkeit, kostengünstig vorweihnachtliche Nächstenliebe zu zeigen.