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Archiv-Artikel

Emden packt den Tiger in den Tank

Auf dem Emdener Hafengelände sollen eine Palmöl-Raffinerie und ein entsprechendes Kraftwerk gebaut werden. Umweltschützer weisen darauf hin, dass dieser Rohstoff zwar nachwächst, seine Produktion aber den Regenwald vernichtet

von Gernot Knödler

Emden will Deutschlands Kraftstoffversorgung auf Kosten des tropischen Regenwaldes sichern. Im Hafen der Stadt sollen eine Biodiesel-Raffinerie und dazu passende Blockheizkraftwerke angesiedelt werden. Niedersachsen Ports (NPorts), die ehemalige Hafen und Schifffahrtsverwaltung des Landes, verhandelt mit potentiellen Investoren. Dass diese möglicherweise Palmöl verarbeiten werden, ist für NPorts-Geschäftsführer Gerd Meyer-Schwickerath kein Thema. „Das sind Kunden von uns“, sagt er. „Wir werden kein Urteil über die ökologische Sinnhaftigkeit fällen.“ Für Palmöl-Plantagen wird tropischer Regenwald gerodet, dessen Bewohner werden vertrieben oder zu Tagelöhnern herabgedrückt.

Zu den Aufgaben von NPorts gehört die Vermarktung der Hafenflächen. Bis vor kurzem hat das staatliche Unternehmen mit einer niederländischen Investorengruppe über den Bau einer Palmöl-Raffinerie in Emden verhandelt. 400 Millionen Liter Biodiesel pro Jahr sollten hier erzeugt werden. Ein Teil davon sollte in bis zu 50 Blockheizkraftwerken auf demselben Gelände verbrannt werden. Blockheizkraftwerke nutzen ihren Brennstoff besonders effizient, weil sie auch die bei der Stromproduktion entstehende Wärme verwerten.

Eine scheinbar geniale Lösung: Ein nachwachsender, höchst ertragreicher Rohstoff wird sehr effizient verbrannt. Doch ein Ausweg aus der Klimakatastrophe ist das leider nicht. „Die Ölpalme wächst ausschließlich im tropischen Tiefland und steht damit in direkter Konkurrenz zum immergrünen Regenwald“, sagt Peter Gerhardt von der Umweltorganisation Robin Wood. Die Palmöl-Plantagen wachsen auf Kosten eines der artenreichsten Ökosysteme der Erde, das wegen seiner hohen Biomasse-Produktion viel Kohlendioxid bindet.

Mehr noch: Die Palmöl-Plantagen rauben den Bewohnern des Regenwaldes die Lebensgrundlage. Wie die indonesische Umweltorganisation Sawit Watch berichtet, vertreiben paramilitärische Einheiten die Einheimischen von ihrem Land. Die Menschen sind dann gezwungen, für die Palmöl-Firmen zu arbeiten. Durch die Plantagen wird der Tropische Regenwald mit Kunstdünger und Pestiziden belastet. „Die Produktivität der großen Monokulturen sinkt nach etwa 20 Jahren“, sagt Nur Hidayati von Sawit Watch. „Die Menschen haben dann ihre früheren Einkommensquellen verloren, die Armut der folgenden Generation ist programmiert.“

Niedersachsen Ports gibt sich unbeeindruckt. „Wir werden das nicht politisch entscheiden“, sagt Geschäftsführer Meyer-Schwiekerath. Die Niederländer haben sich zwar aus dem Geschäft zurückgezogen, doch sind Raffinerie und Kraftwerke damit noch keineswegs vom Tisch. NPorts verhandelt mit anderen Interessenten weiter. Deren Raffinerie solle „wahrscheinlich nicht auf Palmöl-Basis betrieben werden“, wiegelt Meyer-Schwickerath ab, „und wenn, dann nur in geringem Umfang“.

Der Leiter der Emdener Niederlassung Berend Snippe versichert, dass das Palmöl nur von bereits bestehenden Plantagen kommen werde, also kein Wald gerodet werden müsse. „In den Pachtverträgen, die wir abschließen, verpflichten sich die Kunden zertifiziertes Palmöl zu verwenden“, sagt Snippe – ein Argument, auf das sich auch der Emdener Oberbürgermeister Alwin Brinkmann (SPD) zurückzieht.

Bei beiden bleibt unklar, was sie unter „zertifiziert“ verstehen. Zwar vergibt der von Umweltschutzorganisationen wie WWF, Greenpeace, NABU und BUND unterstützte Forrest Stewardship Council Zertififakte für Tropenholz aus nachhaltiger Waldbewirtschaftung. Die Ölpalme taucht in seiner Liste verträglich angebauten Holzes allerdings nicht auf. Viele Umweltschutz und Menschenrechtsorganisationen, von Watch Indonesia über terre des hommes, Robin Wood und dem BUND bis zu den Kritischen Aktionären halten es sogar für falsch, Palmöl-Plantagen zu zertifizieren.

Eine Palmöl-Monokultur könne „nicht ökologisch nachhaltig bewirtschaftet werden“ und bringe „für die Menschen vor Ort eher Probleme als nachhaltigen Nutzen“, meint der Verein Rettet den Regenwald. Palmöl zu verbrennen – ob zertifiziert oder nicht – würde die Nachfrage anheizen. Bei den in Indonesien herrschenden Verhältnissen könne nicht verhindert werden, dass die Plantagen ständig neue Waldgebiete verschlingen. Überdies sei Palmfett zu wertvoll zum verheizen. „Wenn wir zertifiziertes Palmöl hätten, dann könnten wir das gerne für die Produktion von Speiseeis nehmen“, sagt Vereinssprecher Reinhard Behrend. „Aber es ist völlig absurd, es zu verbrennen.“

Rettet den Regenwald hat dazu aufgerufen, Protestbriefe an den Emdener Oberbürgermeister und die Fraktionsvorsitzenden von SPD, CDU und FDP zu schreiben. Das Heft in der Hand hält aber die CDU-Landesregierung. Die Grünen haben im Landtag beantragt, das Emdener Projekt abzulehnen und die künftige Nutzung tropischer Energiepflanzen an strenge Kriterien zu binden. Der Antrag wurde in den Agrarausschuss überwiesen.