: „Kommission nicht dafür da“
Härten lindern oder Massen durchschleusen – welche Aufgabe hat die Härtefallkommission? Heute Abend stellen Mitglieder ihre Arbeit vor und erklären, wie Härtefälle zur Kommission gelangen
Interview Susanne Gieffers
taz: Die Mitglieder der Härtefallkommission haben sich verständigt, gegenüber der Presse über ihre Arbeit nicht zu sprechen. Was lässt sich nach Ihren Eindrücken bisher über die Kommission sagen?
Britta Ratsch-Menke, Verein Ökumenische Flüchtlingsarbeit: Details kenne ich nicht und die bleiben bis zum Abschluss eines Falles auch intern. Ich glaube, dass die einzelnen Mitglieder sehr motiviert sind, zu Lösungen zu kommen. Aber ich sehe ein grundsätzliches Problem, das sich aus der politischen Konstellation ergibt: Die Kommission ist eigentlich für besonders gelagerte Einzelfälle gedacht – wenn rechtliche Möglichkeiten ausgeschöpft sind und besondere Notlagen vorliegen.
Wenn Sie sagen „gedacht“ – heißt das, die Praxis sieht anders aus?
Die Politik des Innensenators legt das zumindest nahe: Laut Gesetz hat auch das Ausländeramt ein Ermessen, Härtefallgründe festzustellen. Es kann einem Antrag auf Aufenthaltserlaubnis aus solchen Gründen durchaus stattgeben. Aber nach unserer Beobachtung schöpft die Bremer Ausländerbehörde dieses Ermessen so gut wie gar nicht aus. Auch in öffentlichen Äußerungen des Innensenators heißt es, ein Bleiberecht für langjährig Geduldete sei gar nicht nötig – die Fälle könnten ja einzeln in der Härtefallkommission behandelt werden. Aber dafür ist sie nicht da.
Wie viele Menschen leben derzeit in Bremen als geduldet?
Rund 3.500. Nur mal angenommen, rund die Hälfte hätte eine Chance auf ein Aufenthaltsrecht aus humanitären Gründen – die kann die Kommission doch gar nicht alle durchschleusen. Dafür ist sie nicht gemacht. Die politischen Vorgaben sind deshalb ein Problem und die Praxis wird zeigen müssen, wieweit das zu handhaben ist.
Man würde glauben, dass mit derExistenz der Kommission jede Menge Fälle eingehen – tatsächlich sind es erst fünf. Woran liegt das?
Viele wissen wohl zu wenig über die Kommission, deshalb wird dieser Abend ja auch veranstaltet. Wahrscheinlich sind einige auch verunsichert: Ende vergangenen Jahres wurde die Einrichtung der Kommission verkündet, was dann wieder zurückgezogen wurde, bis sie schließlich ins Leben gerufen wurde. Zudem haben viele, die hier schon lange leben, nicht unbedingt noch Kontakte zu Rechtsanwälten. In der Ausländerbehörde werden sie offenbar auch nicht auf die Kommission hingewiesen. Andere sind noch in laufenden rechtlichen Verfahren, die sich zum Teil schon jahrelang hinziehen. Bevor diese nicht abgeschlossen sind, können die Betroffenen aber keinen Antrag an die Kommission richten.
Infoabend heute um 18 Uhr im Gebäude der Norddeutschen Mission in Bremen-Horn, Berckstraße 27.