Leuchttürme an der Isar

ORGANSKANDAL Die beiden Münchner Unikliniken müssen bei Lebertransplantationen künftig zusammenarbeiten. Manipulationen sollen so vermieden werden

AUS MÜNCHEN TOBIAS SCHULZE

Keine zwei Monate ist Ludwig Spaenle (CSU) im Amt, schon verkündet er ein „Leuchtturmprojekt, einen Quantensprung, ein bundesweit einmaliges Beispiel“: Der bayerische Wissenschaftsminister präsentierte am Mittwoch mit großen Worten eine Vereinbarung der beiden Münchner Unikliniken, künftig bei Lebertransplantationen zusammenzuarbeiten. „Dies ist ein wichtiger Schritt, um das Vertrauen in die Transplantationsmedizin zurückzugewinnen“, sagte Spaenle.

Die Bereitschaft der Deutschen zur Organspende ist nach Manipulationsfällen an mehreren Krankenhäusern, die im Herbst 2012 publik geworden waren, gesunken. Betroffen war auch das Münchner Klinikum rechts der Isar: Dort fälschten Ärzte Laborwerte, damit ihre Patienten auf der Warteliste nach oben rücken. Als Konsequenz beschloss das bayerische Ministerium schon im Sommer, dass die Klinik ab dem nächsten Jahr keine Lebern mehr transplantieren darf.

Derzeit warten „rechts der Isar“ 33 Patienten auf eine neue Leber. Dort sollen sie laut der neuen Vereinbarung weiter behandelt werden. Sobald ein Organ verfügbar ist, müssen sie aber auf die andere Seite der Isar fahren: Im Klinikum Großhadern im Münchner Westen werden Chirurgen beider Häuser die Lebern transplantieren.

Alle zwei Wochen sollen Ärzte beider Kliniken in „4-plus-4-Konferenzen“ beraten, welche Patienten auf die Warteliste kommen. „Wenn die Teams zusammen entscheiden, sind Manipulationen unvorstellbar“ sagte Reiner Gradinger, Ärztlicher Direktor rechts der Isar.

Unter Medizinern seiner Klinik gilt die Vereinbarung trotzdem als konzeptlos. Schon die Schließung ihres Transplantationszentrums bezeichneten sie im Sommer als pure Symbolpolitik. Tatsächlich herrschen in der Klinik inzwischen neue Strukturen. Die Ärzte transplantierten in diesem Jahr bereits 10 Lebern, Beanstandungen gibt es keine. Die Patienten sind bester Gesundheit.

Gradinger selbst steht intern seit Monaten unter massiver Kritik. Er wusste schon 2010 von den Manipulationen an seiner Klinik. Konsequenzen zog er damals keine, stattdessen soll er die Fälle heruntergespielt haben. Deshalb läuft derzeit ein Disziplinarverfahren gegen den Ärztlichen Leiter – seine Position in den zähen Kooperationsverhandlungen dürfte das nicht gerade gestärkt haben.