: Wagenplatz kampfbereit
Um den Wagenplatz „Hospi“ in Altona bahnt sich ein neuer Konflikt an. Das Nachbargrundstück soll mit Eigentumswohnungen bebaut werden. Die Betroffenen kündigen Proteste an
VON KAI VON APPEN
Eine dauerhafte Lösung für den Bauwagenplatz „Hospi“ an der Altonaer Hospitalstraße war in greifbarer Nähe – doch nun steht wieder eine Tabula rasa-Variante und damit Zoff im Raum an. Der Besitzer der benachbarten Immobilie Chemnitzstraße 78–80, Michael Wendel, durch die die einzige Zufahrt zum Platz verläuft, will scheinbar das Gebäude an einen Investor verkaufen. Dieser möchte das Haus abreißen und das Areal mit Eigentumswohnungen bebauen. Die Hospi-BewohnerInnen kündigten gegenüber der taz ihren Widerstand an: „Wir werden nicht gehen.“
Seit 1990 existiert der Wagenplatz und galt einst als rot-grünes Vorzeigeprojekt für diese alternative Wohnform im Bezirk-Altona. Dabei mussten die Hospi-BewohnerInnen in den vergangenen Jahren durchaus Einschnitte hinnehmen. Als die Stadt das Gelände 1997 an die private Wichern-Baugenossenschaft (BG) verkaufte, die dort einen Wohnkomplex mit erschwinglichen Mieten errichtete, mussten die Hospi-Leute ein Drittel ihres Platzes aufgeben. Auch die unkomplizierte Zufahrt zum Areal aus der Hospitalstraße musste dem Neubau weichen.
Mit Wendel, dem Besitzer des angrenzenden Chemnitzstraßen-Hauses, in dem damals die taz hamburg residierte, einigte man sich schließlich darauf, die vorhandene Hofeinfahrt als Zufahrt zum Platz umzubauen – gegen eine Nutzungsgebühr von zuletzt monatlich 144,50 Euro. Im Gegenzug erhielt der Bewohnerverein „Hospi e. V.“ von der Wichern-BG für das Grundstück einen Pachtvertrag bis Ende 2005 – mit der Option auf weitere Nutzung, solange der Zugang existiert. Seit dem Auszug der taz 2001 ist der Komplex von einer Musik-und Wohngruppe angemietet, die dort auch ein Tonstudio betreibt.
Der letzte Stand war eigentlich, das dieser Status Quo auf eine neue vertragliche Basis gestellt werden sollte. Doch nun kommt es trotz Absprachen zu einer dubiosen Entwicklung. Zwar gibt es bereits einen Vorvertrag zwischen Wendel und dem linken Wohnprojektverbund „Mietshäuser Syndikat“, der das Objekt kaufen und sanieren möchte, wodurch sowohl das Wohnprojekt als auch der Wagenplatz gesichert wären. Doch Wendels Makler – das Othmarschener Immobilienkontor – hat das Haus nun einem anderen Investor angepriesen, der auf Abriss und Neubau fixiert ist. Und das, obwohl das Musikprojekt noch über einen Mietvertrag bis Ende 2011 verfügt. Offenbar wird darauf spekuliert, die Gruppe aus dem Haus zu klagen – oder wie mittlerweile in Hamburg auch Praxis – zu vergraulen.
Von alldem ist dem zuständigen Bezirksamt Altona angeblich nichts bekannt. „Es gibt einen Vorbescheid“, sagt Sprecher Rainer Doleschall, „es hat aber noch kein Ausschuss darüber getagt – politisch ist also noch nichts entschieden.“ Dieser Vorbescheid bezieht sich jedoch nach taz-Informationen auf den alten, von Wendel und dem „Miethäuser Syndikat“ gestellten Umwandlungsantrag für das Haus, den Gewerberaum teilweise in Wohnraum umzufunktionieren.
Wendel gibt sich auf Anfrage bedeckt: „Alles Gerüchteküche – ich weiß von nichts, mir hat noch niemand Geld für das Haus überwiesen.“ Auf der anderen Seite zeigt sich die Maklerfirma über den Vorvertrag irritiert. „Darüber sind wir nicht informiert, wir haben den Auftrag, das Haus zu verkaufen“, sagt ein Mitarbeiter. „Es gibt einen Käufer, aber noch keinen notariellen Vertrag.“
„Die jetzigen MieterInnen beharren auf ihren Mietverträgen, und auch der Wagenplatz wird das Feld nicht ohne weiteres räumen“, gibt sich eine Hospi-Bewohnerin gegenüber der taz entschlossen. „Die Stadt und vor allem dem neuen Besitzer sollte klar sein, dass wir unsere Lebensgrundlage nicht kampflos aufgeben werden,“ wird sie von einer Mitbewohnerin unterstützt, die den zusätzlichen dezenten Hinweis auf wirkungsvolle Protestmöglichkeiten während des WM-Events gibt.
Zudem hoffen die Hospi-Leute auf Unterstützung aus dem Quartier. Denn auch in Altona-Altstadt setze zunehmend ein Umstrukturierungsprozess ein, wenn auch „noch nicht so extrem wie in Ottensen oder in der Schanze.“ Doch die Vernichtung billigen Wohnraums sei jetzt schon spürbar, und die Baupläne für ein Erlebnisschwimmbad in den Grünanlagen machten den Wandel offenkundig, so dass mit dem Neubau an der Chemnitzstraße einmal mehr „bezahlbarer Wohnraum vernichtet und gewachsene Strukturen zerschlagen“ würden.
„Wir“, erklären die Bewohnerinnen, „haben keine Lust mehr, dass über unsere Köpfe hinweg entschieden wird.“ Eine friedliche Lösung, die alle zufrieden stellen könnte, werde so verhindert.