: Buddeln von Bremen bis ins Baltikum
Ausbaggerung von Elbe und Weser kann beginnen. Bundesregierung sichert Millionenrate für erste Baumaßnahmen zu. Derweil wachsen auch die Häfen an der Ostsee immer weiter. Vor allem Lübeck stellt immer neue Umschlagsrekorde auf
Von Sven-Michael Veit
Gunnar Uldall strahlte gestern noch heller als gewöhnlich: „Eine tolle Nachricht“ habe ihm die schwarz-rote Bundesregierung übermittelt, verkündete Hamburgs CDU-Wirtschaftssenator. Die erste Finanzierungsrate von 20 Millionen Euro für die geplante Ausbaggerung der Elbe habe Karin Roth (SPD), Staatssekretärin im Verkehrsministerium, ihm zugesichert. Nun könne bereits im Herbst mit dem Planfeststellungsverfahren für das „größte Infrastrukturprojekt im Norden“ begonnen werden.
Die Zusage aus Berlin beinhaltet auch die Anschubfinanzierung für die Vertiefung der Außenweser vor Bremerhaven um etwa einen Meter. Hier soll der Mündungstrichter auf gut 20 Kilometer Länge von Schlick- und Sandbänken befreit werden. Ziel ist, ebenso wie im Hamburger Hafen, ein tideunabhängiger Tiefgang von 14,50 Meter, damit auch die Containerriesen der nächsten Generation selbst bei Niedrigwasser ihre Liegeplätze anlaufen können.
Während Bremen wahrscheinlich schon im nächsten Jahr mit dem Buddeln beginnen kann, rechnet Hamburgs Wirtschaftsbehörde mit dem Baubeginn in der Elbe erst 2008 und der Fertigstellung Ende 2009. Hier muss die Flusssohle immerhin auf rund 130 Kilometer Länge bis Cuxhaven abgeschliffen werden.
Ein Scheitern des etwa 320 Millionen Euro teuren Vorhabens befürchtet Uldalls Sprecher Christian Saadhoff nicht mehr: „Der Bund stuft das als prioritäres Projekt ein. Damit sind wir jetzt in der Finanzierung drin, dann geht der Rest auch.“ Die noch fehlenden 200 Millionen Euro würden vom Bund in den Folgejahren in den Haushalt eingestellt, ein knappes Drittel der Summe bringt Hamburg selbst auf.
Die vierte Ausbaggerung des Flusses soll zugleich die letzte sein. Denn Experten gehen davon aus, dass noch größere Schiffstypen allenfalls breiter würden, aber nicht mehr Tiefgang benötigten. Das wäre „wirtschaftlich und logistisch ungünstig“, sagt Hans Peter Dücker, Direktor der Hamburger Port Authority. Folglich sei „das Machbare und das Nötige erreicht“, beteuert Uldall, um Wirtschaft und Arbeitsplätze „in der gesamten Metropolregion“ zu sichern.
Und das schließt die schleswig-holsteinischen Häfen Brunsbüttel sowie Kiel und Lübeck ein. Sie profitieren von Hamburgs „Drehscheibenfunktion“ in der weltweiten Warenverteilung. Vor allem die kleine Hanseschwester an der Travemündung boomt kontinuierlich. Lübeck hat seinen Güterumschlag seit 1995 um fast 40 Prozent gesteigert, Prognosen zufolge soll er sich in weiteren zehn Jahren verdoppelt haben. Das geht aus dem Ostseehafenbericht der schleswig-holsteinischen Landesregierung hervor, der gestern im Kieler Landtag debattiert wurde.
Verantwortlich dafür ist der rasant wachsende Handel auf der Ostsee, die seit der EU-Erweiterung nach Nordosten zum europäischen Binnenmeer wurde. Inzwischen ist das baltische Meer die Region mit der weltweit zweithöchsten Zahl an Schiffsbewegungen, und ein Ende ist nicht abzusehen. Eine weitere Zunahme um 64 Prozent bis zum Jahr 2020 sagt der Bericht voraus, am stärksten werde das Wachstum bei den Öl- und Containertransporten ausfallen.
Während die Tanker vornehmlich die Route um Dänemark herum in die Nordsee nehmen, kommen die Container größtenteils aus oder nach Hamburg. Bislang vor allem auf Feederschiffen durch den Nord-Ostsee-Kanal, der ohnehin schon die meistbefahrene Wasserstraße der Welt ist. Seinen Spitzenplatz vor Suez- und Panamakanal baute er im vorigen Jahr mit einem Plus von 9,3 Prozent noch aus. Die Konsequenz: Eine dritte Schleuse in Brunsbüttel ist bereits in Planung.
Künftig soll aber der Transport über die Schiene zwischen dem Hamburger Hafen und den neuen Containerterminals an der Trave an Bedeutung gewinnen. Bis 2009 wird die Strecke für 150 Millionen Euro ausgebaut und elektrifiziert, damit die Blechkisten binnen einer Stunde von Kai zu Kai gebracht werden können. Im Jahr 2015, so die aktuelle Schätzung, werden täglich 150 Güterzüge diesen Weg nehmen – alle zehn Minuten einer.