: Polizei auf fremdem Territorium
AMTSHILFE Im Prozess um eine Hamburger Hausbesetzung steht die Frage im Raum, ob eine Braunschweiger Polizeitruppe überhaupt das Recht hatte, das Haus zu räumen
In einem Prozess vor dem Hamburger Amtsgericht gegen vier Hausbesetzer geht es einerseits um eine Frage, die in Justizkreisen heftig diskutiert wird: Machen sich Personen des Hausfriedensbruchs strafbar, wenn sie ein leer stehendes Gebäude angesichts der Wohnungsnot in Beschlag nehmen?
Nun kommt am Dienstag eine zweite Frage hinzu: Durfte eine Braunschweiger Beweissicherungs- und Festnahme-Einheit (BFE) der Polizei die beiden besetzen Häuser der städtischen Stadterneuerungsgesellschaft Steg im Karolinenviertel überhaupt räumen?
Die Gebäude waren kurz nach dem Ende des Bundesligaspiels des FC St. Pauli und Eintracht Braunschweig besetzt worden. Die Polizeiführung hatte die Braunschweiger Einheit an die Elbe geordert, weil diese die als gewalttätig eingestuften Eintracht-Fans bestens kennt. Im Stadion passierte jedoch nichts. Daraufhin schickte die Hamburger Polizeiführung die Braunschweiger Beamten zu den besetzten Häusern in der Marktstraße 137/139.
Die BFE sicherte jedoch nicht nur das Terrain vor Sympathisanten ab, sondern übernahm das Einsatzgeschehen. Mit Rammböcken knackten sie die Türen und räumten das Haus.
„Das war ein rechtswidriger Einsatz“, sagt einer der Verteidiger der Hausbesetzer, Andreas Beuth. Zur Gefahrenabwehr hätten die Braunschweiger zwar nach dem Sicherheits- und Ordnungsgesetz eingesetzt werden dürfen, aber nicht zur Strafverfolgung nach der Strafprozessordnung. Denn alles, was im Haus geschah, lief maßgeblich unter der Regie der Braunschweiger Polizisten.
In diesem Punkt ist der Hamburger Amtsrichter stutzig geworden. Deshalb prüft er nun die rechtlichen Grundlagen. Denn wenn die BFE rechtswidrig eingesetzt war, unterliegen auch ihre Beweise sowie Videofilme einem Beweisverwertungsverbot. Das Gericht kann also gerichtsverwertbar nicht einmal feststellen, ob die vier Angeklagten die Besetzer sind. Denn die Führungskräfte des zuständigen Hamburger Lerchenreviers haben sie im Zeugenstand nicht wiedererkannt. KAI VON APPEN