piwik no script img

Archiv-Artikel

Unpersönlich bleiben

PROZESS Zschäpes Anwälte wollen sie nicht als Person fassbar werden lassen. Eine BKA-Beamtin stört die Strategie

MÜNCHEN taz | Ganz in Schwarz betrat Beate Zschäpe den Saal A 101. Am Montag ging die Hauptbeschuldigte im NSU-Verfahren wie all die Tage zuvor schnell zur Anklagebank; sie drehte sich von dem Kameras weg, ließ sich von ihren Verteidigern abschirmen. Nichts Persönliches will sie preisgeben. Ihr Rechtsbeistand Anja Sturm, Wolfgang Heer und Wolfgang Stahl forcieren diese Verteidigungsstrategie: Nichts sagen, nichts erkennen lassen, nicht entschuldigen – auch heute.

Am 66. Verhandlungstag sollte eine Beamtin des Bundeskriminalamtes, Christine Ladwig, am Nachmittag zu der Flucht von Zschäpe zwischen dem 4. bis 8. November 2011 Angaben machen, aber auch über eine Fahrt für einen Besuch bei der „Oma“ der Beschuldigten am 25. Juni 2012.

Gleich zu Beginn der Vernehmung sprechen die Anwälte sich gegen Aussagen zu dem Ausflug von der JVA Köln zu einem Gefängnis in Gera aus. Ohne Erfolg, ihre rechtlichen Einwände wehrt das Gericht ab. „Ich wies Frau Zschäpe darauf hin, dass ich Gesprächsnotizen machen werde“, beteuert die Kriminalbeamtin mehrfach. Sie würde auch immer fragen, ob die Aussage verstanden worden sei. Zschäpe, der Hand- und Fußfesseln angelegt waren, habe ihr geantwortet, sie „würde ohnehin nicht sagen, was nicht schon aufgeschrieben ist“. Bei der Fahrt zu der „Oma“, zu der Zschäpe nach eigenen Aussagen ein engeres Verhältnis als zu ihrer Mutter hat, hätten sie sich locker und „ganz normal unterhalten“, so die BKA-Beamtin, dabei auch „viel über ihre Anwälte“. Das gefällt den Verteidigern überhaupt nicht. Wolfgang Stahl stört zudem, dass die Beamtin „gut vorbereitet“ sei und vieles nebenbei gleich mit ausführte. Sie hatte betont, dass Zschäpe sehr gut ein Gespräch am Laufen halten könne und aufgeweckt sei. Stiller wurde die 38-Jährige nur etwas, so Ladwig, als sie an Jena vorbei fuhren – dort, wo sie mit „ihren Uwes“ erst Sprengstoff sich besorgte und den Weg in der Untergrund begann.

Nach einem Hinweis des Mitbeschuldigten Carsten S. hätten die Ermittler in einem Erdversteck noch Zeugnisse von Zschäpe gefunden. Bis zur dritten Klasse lagen ihre Zensuren im Durchschnitt zwischen 1 und 2; später sanken sie auf 3. Eine Lehrerin hätte noch angegeben, dass die Schülerin lebhaft, aufgeweckt sei, nur noch etwas ordentlicher werden müsse, sich jedoch schnell ins Klassenkollektiv eingelebt habe. Zschäpe selbst blieb der Strategie treu: Ihre Miene blieb unbewegt. ANDREAS SPEIT