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Archiv-Artikel

Mehrwertsteuer steigt – Sozialhilfe nicht

Der Bremer Senat will die Sozialhilfe auch nach drei Jahren nicht an die steigenden Lebenshaltungskosten anpassen

Von kawe

Jedes Jahr muss der Bremer Senat auf die Frage antworten, ob die Sozialhilfe-Sätze den steigenden Kosten für den Lebensunterhalt angepasst werden sollen oder nicht. Seit drei Jahren nun sagt Bremen: nein. Begründung der Sozialsenatorin: Die Frage einer Erhöhung stelle sich nicht, weil die anderen Bundesländer auch nicht erhöhten. Auch bei steigender Mehrwertsteuer müssten die für den Lebensunterhalt notwendigen Sätze nicht angepasst werden, sagt die Sprecherin von Karin Röpke (SPD) – die anderen Länder erhöhten sie auch nicht.

Theoretisch hätte ein Bundesland sogar die Möglichkeit, die „Einkommens- und Verbrauchs-Stichprobe“ (EVS) regional auszuwerten, das aber lehnen Niedersachsen und Bremen ab. Früher galt für die Berechnung ein „Warenkorb“, also eine Menge lebensnotwendiger Güter, deren Preis ermittelt wurde. Bei der alten Methode wäre eine Anpassung bei einer Mehrwertsteuer-Erhöhung zwingend gewesen.

Neuerdings geht man indes anders vor. Bei der EVS werden die realen Ausgaben der einkommensärmsten 20 Prozent der Bevölkerung erfasst, daraus wird dann der Bedarf von Sozialhilfeempfängern abgeleitet. Wenn die Armen sich weniger leisten können für ihr Geld, weil der Staat die Steuern erhöht, dann sinkt die reale Kaufkraft der Sozialhilfe ebenso.

Die „volle Teilhabe am gesellschaftlichen Leben“ sei damit nicht garantiert, kritisiert der Paritätische Wohlfahrtsverband. Und hat nachgerechnet: Nach den Grundsätzen der Sozialgesetzgebung der Bundesregierung komme man für 2006 auf monatlich nötige 414 Euro.

Die Zeichen aus Berlin indes stehen auf Kürzung. Unter den Empfängern von ALG II sollen insbesondere die Wohngemeinschaften unter Beschuss kommen. Wer länger als ein Jahr mit einem anderen Menschen die Wohnung teilt, ist nun grundsätzlich zur Unterhaltshilfe verpflichtet – es sei denn, er selbst beweist, dass es sich nicht um eine „Bedarfsgemeinschaft“ handelt. Bei spontanen, nicht angekündigten „Vor-Ort-Besuchen“ soll die Bremer bagis in Zukunft in Betten und Eisschränke gucken. kawe