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Wie weiter, WASG?

Verkümmert die Wahlalternative doch nicht zur Splitterpartei? In Wahlumfragen erreichen die selbst erklärten Kämpfer gegen alles Neoliberale fünf Prozent. WASG-Chefin Redler gibt sich kämpferisch, doch ein Meinungsforscher wiegelt ab

Manche halten die WASG ja für eine Art Glaubensgemeinschaft, eine kleine Schar aufrechter Linker im neoliberalen Sturm. Wenn diese Einschätzung stimmt, haben die Gläubigen jetzt einen weiteren Anlass, an ihre Auserwähltheit zu glauben. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid würden derzeit fünf Prozent der Berliner Wähler für die Wahlalternative stimmen – und ihr damit den Weg ins Abgeordnetenhaus bahnen. Doch bei allen Glaubensdingen gibt es Zweifler.

Allen voran steht ausgerechnet der Bote der guten Nachricht, Emnid-Geschäftsführer Klaus-Peter Schöppner: „Natürlich hat das Umfrageplus mit der starken Medienpräsenz der WASG in jüngster Zeit zu tun.“ Am Mittwoch vergangener Woche hatte das Landgericht für die Wiedereinsetzung des zuvor abgesetzten Landesvorstands entschieden. Am Tag darauf ließ der Landeswahlausschuss die Wahlalternative gegen den Willen der eigenen Bundesspitze zur Abgeordnetenhauswahl zu. In diesen Tagen entstand die am Montag bekannt gewordene Umfrage.

Doch solche Medienpräsenz gibt es nicht jede Woche. Der Auftritt der WASG-Spitzenkandidatin Lucy Redler bei der Politik-Imitations-Sendung „Sabine Christiansen“ könnte einmalig bleiben. Ist das Umfrageplus also nur ein einmaliger Ausreißer? Emnid-Chef Schöppner bezweifelt, dass die Partei ihre Umfragewerte halten kann: „Einerseits gibt es einen Kern von WASG-Anhängern, die links von SPD und Linkspartei stehen.“ Hinzu kämen so genannte Protestwähler, denen es nicht um die WASG, sondern um ein Nein zu den etablierten Parteien gehe. „Aber mindestens ein Drittel der WASG-Wähler“, sagt Schöppner, „ist politisch nicht eindeutig zuzuordnen. Auf eine Stammwählerschaft kann die junge Partei nicht bauen.“ Kurz: Bei der nächsten Umfrage könnten sich die selbst erklärten Kämpfer gegen den Neoliberalismus bei ein bis zwei Prozent wiederfinden.

Solch defätistische Sichtweisen teilt Redler natürlich nicht: „Die Wähler honorieren unsere Standfestigkeit im Umgang mit der Bundesspitze der Partei. Außerdem: Nach den Entscheidungen der vergangenen Woche können sie jetzt sicher sein, dass wir zur Wahl antreten.“ Die Berliner verstehen sich als Sprachrohr der Erwerbslosen und werfen der regierenden Linkspartei eine neoliberale Sparpolitik vor. Der will die 850-Mitglieder-Partei WASG nicht durch Zusammenarbeit ihren Segen geben. Hingegen streben Ex-PDS und Wahlalternative die Fusion auf Bundesebene bis Mitte 2007 an. Zumindest bei der Frage nach der Wählerschaft ist sich WASG-Chefin Redler mit Emnid-Mann Schöppner einig: Protest- und bisherige Nichtwähler.

Daher schadet der WASG-Stimmenzuwachs auch nicht der Linkspartei. Sie legt laut Emnid-Umfrage sogar um zwei Punkte auf 15 Prozent zu. Für den Landesvorsitzenden Klaus Lederer lautet die Devise für den Umgang mit der WASG: möglichst ignorieren. „Wir sehen die Bedrohung für unsere soziale Stadtpolitik eher bei CDU und FDP“, sagt Lederer. „Die Wahlalternative kommt bei uns kaum vor.“

MATTHIAS LOHRE

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