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Archiv-Artikel

Gewinne kommen vor Investitionen

Private verbessern die Abwasserentsorgung nicht, sagen Globalisierungskritiker. Einige Fälle aus aller Welt

Zum Beispiel London: In der britischen Hauptstadt ist die Wasserversorgung in der Hand von RWE: Dem Essener Global Player gehört seit dem Jahr 2000 der britische Versorger Thames Water. Damit ist RWE auch für 64.000 Kilometer Abwasserleitungen nicht nur in London verantwortlich.

Globalisierungskritikern gilt Thames Water als Musterbeispiel dafür, wie durch Privatisierung ein vorher öffentliches Wassernetz runtergewirtschaftet wurde. RWE betont zwar, dass dank Thames Water die Themse einer der saubersten Flüsse an einer Metropole ist. Kritiker halten aber entgegen, dass Thames Water seit 1999 zwei Dutzend mal wegen Umweltverschmutzung verurteilt wurde. „Um den Gewinn zu erhöhen, müssen die Investitionen runtergefahren werden“, erläutert Jens Loewe von „Wasser in Bürgerhand“. Dazu passe auch, dass RWE kürzlich angekündigt hat, Thames Water sowie die American Water bis 2007 zu verkaufen. „Die wollen nicht investieren, sondern ihre Rendite erhöhen“, vermutet Jens Loewe.

Zum Beispiel El Alto: In der bolivianischen Stadt kümmert sich der Wassermulti Suez um das Abwasser der Bürger. Oder auch nicht: In den ärmeren Stadtteilen investiere Suez gar nicht, sagen Konzernkritiker. Seit der Übernahme der Wasserversorgung 1997 seien außerdem die Gebühren um 57,7 Prozent gestiegen.

Zum Beispiel Buenos Aires: Suez hat sich 1993 in die Wasserver- und Abwasserentsorgung der argentinischen Hauptstadt eingekauft. Zuerst funktionierte die Wasserversorgung besser, doch dann wurde das Land zahlungsunfähig und fror die Gebühren ein. Suez reagierte mit einem Investitionsboykott. In der Folge kollabierte die Wasser-Infrastruktur, die argentinische Regierung forderte Strafzahlungen von 20 Millionen Dollar und Neuinvestitionen von 400 Millionen Dollar. Suez beschloss daraufhin, sich aus Argentinien zurückzuziehen und verklagte das Land vor einem Schiedsgericht der Weltbank auf Schadensersatz.

Zum Beispiel Berlin: Die Berliner Wasserbetriebe gelten als das deutsche Musterbeispiel dafür, dass private nicht billiger sind als öffentliche Unternehmen. 1999 hat das Land Berlin knapp die Hälfte seiner Anteile an den Berliner Wasserbetrieben verkauft. Seitdem sind Gebühren kontinuierlich gestiegen. Den Investoren RWE und Vivendi, die heutige Veolia, ist ein Gewinn von acht bis neun Prozent vertraglich garantiert. Notfalls muss also das Land einspringen.

Zum Beispiel Braunschweig: Ende 2005 wurde die Privatisierung der Stadtentwässerung beschlossen. Investor ist die Veolia, die ihre Beteiligung nach Informationen der örtlichen „Bürgerinitiative für den Erhalt öffentlichen Eigentums“ mit Krediten bezahlt. Letztlich müssten die Bürger mit ihren Abwassergebühren den Kredit bezahlen, kritisieren die Privatisierungsgegner. DIRK ECKERT