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Archiv-Artikel

Giganten in Öl und Film

KINO & FERNSEHEN Öl ist ein beliebtes Sujet – es steht für Reichtum, Wachstum, Größenwahn. Die Hits

„Giganten“ (1956): Die Schlüsselszene: Ein Mann, der unter einer schwarzen Fontäne steht, die den Grundstein für seinen Reichtum und gesellschaftlichen Aufstieg legt. Jet Rink (James Dean) tritt ölverschmiert aus dem Schatten seines Bosses, des Viehzüchters Bick Benedikt (Rock Hudson). Farmer-Dynastie gegen Aufsteiger, Landwirtschaft gegen Öl und natürlich auch der Kampf zweier Männer um eine Frau (Elisabeth Taylor) – „Giganten“ von George Stevens ist mehr als nur James Deans letzter Film. Er stellt die Fragen, die nicht nur die USA, sondern die gesamte westliche Welt in ihrem Selbstverständnis umtreibt: Wem gehört das Land? Ist gesellschaftlicher Aufstieg möglich? Wer profitiert von neuen Wirtschaftszweigen? Wann wird Wachstum zu Gigantismus? Warum macht Reichtum allein nicht glücklich? Und müssen Menschen wirklich bei Autounfällen sterben? STEP

„Öl!“ (1976): Der Ölschock von 1973 als Actionkino: Der saudische Außenminister (Sean Connery) will Israel anerkennen und in die Opec aufnehmen. Arabische Terroristen schicken daraufhin eine Auftragsmörderin (Cornelia Sharpe) los. Doch die verliebt sich in den Mann, bald werden beide von Terroristen gejagt. Am Ende sind die Terroristen ausgeschaltet, der Minister wirbt für Frieden und Öl für alle. Öl ist ein Politikum und sogar Kriege werden darum geführt – aber, so die dünne Botschaft von Regisseur Richard C. Sarafian, Liebe und Draufhauen machen alles wieder gut. DZY

„Dallas“ (1978–1991): Der popkulturelle Ausdruck der Reaganomics aus dem Hause CBS, der in den 80er-Jahren Millionen Zuschauer weltweit in seinen Bann zog. Im Zentrum der TV-Serie um Geld und Macht, Familie und Sex steht die Öldynastie Ewing. Doch all die Machtkämpfe und Intrigen zwischen dem diabolischen Fiesling J. R. Ewing (unvergessen: Larry Hagman), seinem integren Bruder Bobby (Patrick Duffy) und seinem nicht minder skrupellosen Gegenspieler, dem ewigen Loser Cliff Barnes (Ken Kercheval), spielen sich in einer Glamourwelt ab. Schwielen an den Händen hat allenfalls die Gründergeneration in Gestalt von Jock Ewing, sonst ist der Kapitalismus sexy und cool. Larry Hagman spottete später, die Serie sei für den Fall des „sowjetischen Imperiums“ verantwortlich. „Dallas“ segnete tatsächlich nach immer kruderen Handlungen und sinkenden Quoten im selben Jahr das Zeitliche wie die Sowjetunion. Das „Dallas“-Imitat des Senders ABC, Der Denver-Clan (1981–1991), war übrigens ähnlich erfolgreich. Nur dass der Hauptbösewicht eine Frau ist, die wunderbare Joan Collins in der Rolle der Alexis Colby. DZY

„There will be blood“ (2007): Kalifornien zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Daniel Plainview (Daniel Day-Lewis) ist ein Pionier. In der Gegend rund um das Frontier-Städtchen Little Boston vermutet er große Ölvorkommen; er hat einen Bohrturm errichten lassen. Eines Tages tritt Gas tritt aus dem Bohrloch, Plainviews Ziehsohn H. W. (Dillon Freasier) wird von der Wucht durch die Luft geschleudert. Als er wieder zu sich kommt, hat er sein Gehör verloren. Ein paar Einstellungen später erfasst eine wuchtige Totale Plainview im Vordergrund, hinten, in sicherer Distanz, sieht man die Unglücksstelle. Wo eben noch Gas austrat, sprudelt jetzt das Öl in einer so mächtigen Fontäne, dass der Himmel von der sprühenden Flüssigkeit schwarz verschleiert ist. Glück und Unglück liegen dicht beieinander in Paul Thomas Andersons Spielfilm „There will be blood“, einer Adaption von Upton Sinclairs Roman „Petroleum“ aus dem Jahr 1927. Je mehr Liter Öl Plainview fördert, je größer sein Vermögen wird, umso kälter wird sein Herz. Andersons Film lässt keinen Zweifel: Mit dem Öl zieht auch der Kapitalismus in Little Boston ein, und der amerikanische Westen wird nie wieder sein, was er war. CN