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Archiv-Artikel

Viele Zimmer sind noch frei

Trotz Touristenansturm klagen Berlins Hotels über mangelnde Auslastung. Das viel beschworene gute WM-Geschäft wird zumindest in dieser Branche ausbleiben

Rund eine halbe Million WM-Touristen waren gestern am Eröffnungstag der Fußballweltmeisterschaft auf Berlins Straßen unterwegs. Und in den nächsten Tagen sollen noch einige zehntausend hinzukommen. Doch der Traum der Hoteliers von komplett ausgebuchten Zimmern wird sich wohl nur unmittelbar vor dem Endspiel erfüllen. „Bis jetzt liegt die durchschnittliche Auslastung zwischen 75 und 80 Prozent“, sagte Hans Eilers, Vizepräsident des Hotel- und Gaststättenverbands und Direktor des Savoy-Hotels. Kaum mehr als sonst im Frühsommer.

Schuld an dieser Misere ist vor allem der Fußball-Weltverband Fifa. Der Verband hatte bereits vor drei Jahren damit begonnen, für die WM Hotelzimmer in großen Kontingenten zu reservieren. Doch sechs Wochen vor dem ersten Spiel stornierte die Fifa 5.000 der 8.000 Zimmer wieder (taz berichtete). Das setzte die Berliner Hotels unter Druck. Mit großen Werbeaktionen und Sonderpaketen gingen zahlreiche Häuser in die Offensive. „Wir hatten uns mehr erhofft“, sagte Eilers. Der Schaden sei nun aber nicht ganz so groß, wie vor kurzem noch befürchtet wurde.

Sein Verband setzt nun auf die Kurzentschlossenen. „Angesichts der entspannten Lage gehen wir davon aus, dass sich viele nun zu einem Spontanurlaub in Berlin entscheiden werden“, zeigte sich Eilers zuversichtlich. Zwischen den Spieltagen bleibe das Angebot in allen Preisklassen aber groß. Selbst Berlins nobelstes Hotel, das Adlon, ist nur an den sechs Spieltagen ausgebucht.

Am schlimmsten betroffen von den Fifa-Stornierungen ist Berlins umsatzstärkstes Hotel Estrel. Die Auslastung liegt derzeit gerade einmal etwas über 60 Prozent, sagte Mihaela Djuranovic, die Sprecherin des Vier-Sterne-Hotels in Neukölln. Fast die Hälfte der 1.125 Zimmer hatte die Fifa reserviert, 60 Prozent davon wurden jedoch wieder zurückgegeben. Die Belegungsquote des Hotels, das vor allem vom Tagungs- und Kongressgeschäft profitiert, liegt im Juni sonst in der Regel bei 68 Prozent. Um zumindest noch auf diese Quote zu kommen, lockt das Haus nun mit speziellen WM-Angeboten: Hotelzimmer inklusive Frühstück und Eintrittskarte für die Fußball-Show „11“ für knapp 100 Euro.

Eigentlich hatten Berlins Hoteliers gehofft, während der WM höhere Durchschnittspreise durchzusetzen. In Berlin, das mit insgesamt 84.000 Betten bereits seit einigen Jahren ein Überangebot von Hotelzimmern vor allem im Vier- und Fünf-Sterne-Bereich aufweist, liegt der Durchschnittspreis gerade einmal bei 127 Euro. In Mailand kostet ein Zimmer hingegen mehr als 290 Euro, in Paris um 285 Euro und in London etwa 275. Nun drohen die Preise in Berlin sogar noch weiter zu fallen.

Voll ausgelastet sind bislang nur Hostels und Jugendherbergen. Die sind in den Sommermonaten aber auch ohne WM stets ausgebucht. FELIX LEE