Heirate mich, Fußballgott

Ich wollte immer die Frau eines Fußballers werden, am liebsten die von Oliver Bierhoff. Denn: Hat man einen Fußballstar, dann ist man mit dem Mann zusammen, auf den nicht nur alle anderen Frauen stehen, sondern auch alle Männer

VON NATALIE TENBERG

Die Spielerfrau ist ein zartes Wesen. Fein bekleidet und sonnenbebrillt sitzt es auf der Tribüne und folgt mehr oder weniger interessiert dem Spiel. Interesse blitzt nur kurz auf, wenn der eigene Mann am Ball ist. So geht das Klischee der Spielerfrau, die sich die Nägel manikürt und ansonsten den Ruf hat, eine opportunistische Geldverprasserin zu sein, mit wenig Interesse an den wirklich wichtigen Dingen im Leben.

Dabei ist die Verachtung, die der Spielerfrau entgegenschlägt, häufig nichts anderes als schlecht verpackter Neid. Denn wir wissen alle: Das Leben als Spielerfrau ist klasse! Ich weiß, wovon ich rede, ich habe lange genug selbst davon geträumt.

Der Wunsch regte sich zum ersten Mal wohl am 30. Juni 1996, kurz nachdem Oliver Bierhoff sein Golden Goal gegen Tschechien schoss und Deutschland dadurch zum Europameister machte. Bierhoff war der Held der Stunde. Mag sein, dass das Land ihn nicht sofort heiß und innig liebte – ich schon.

Und das ist genau das Entscheidende: Hat man einen Fußballer zum Freund, dann ist man mit dem Mann zusammen, auf den nicht nur Frauen stehen, sondern den sogar Typen gut finden. Wenn die Houellebecq’sche These stimmt, dass Sexualität ein System sozialer Hierarchie ist, dann haben es die Spielerfrauen geschafft: Sie sind auf dem gesellschaftlichen Olymp angekommen. Höher kann man in der Über-Ich-freien-Zone nicht kommen. Wer nun zweifelt und behauptet, es ginge doch um viel mehr und die Geisteskraft eines Mannes, der stelle sich mal folgendes Szenario vor: Eine Frau geht ins Café und erzählt ihrer Freundin, sie sei gerade bei Roger Willemsen aus dem Bett gekrochen. Die Musik würde nicht aufhören zu spielen, kein Gespräch würde verstummen. Nun stellen Sie sich die gleiche Situation vor, nur lautete der Name David Odonkor, um mal mit der Zeit zu gehen? Duuu und David? Die Hütte stände Kopf.

Klipp und klar: Es geht gar nicht darum, was der Typ genau macht, sondern darum, dass jeder ihn kennt und jeder ihn liebt. Eine Liebe und Bewunderung, die sich auch auf den Partner überträgt.

Abgesehen vom sozialen Status aber hat der Fußballer auch andere handfeste Vorteile. Er ist ein Teamspieler, der keine Drogen nehmen darf, wenig trinkt und auch sonst früh ins Bett muss. Er zieht in der Welt herum, die Frau mit ihm. Nach einigen Jahren der Disziplin aber kann der Gute mürbe werden und beginnt sich nach Abwechslung zu sehnen, was dann wegen der vielen anderen Restriktionen in sexuellen Eskapaden endet. Nicht jeder hat das Beckham’sche Pech, ausgerechnet mit der Cousine zweiten Grades des Chefredakteurs eines der schlimmsten Revolverblätter seiner Heimat im Bett zu landen. Nun entscheidet es sich: Hält die Beziehung, oder kommt es zum Bruch? Bis zu diesem Zeitpunkt hat sich die kluge Spielerfrau aber so ins Geschäftliche eingewebt, dass sie nicht mehr bequem auf die Halde verbannt werden kann. Auch nach Ende der Beziehung hat sie ihre Finger noch mit im Spiel. Die Halbwertszeit der Macht ist somit länger als die der Beziehung.

Der Spieler selbst durchläuft mehrere Beziehungen, meistens drei: das Lothar-Franz-Modell. Am Karrierebeginn, als unverdorbener Jüngling, ist er mit seiner Jugendliebe zusammen. Die beiden glauben daran, füreinander bestimmt zu sein, bekommen früh Kinder und lassen sich in Homestorys ablichten. Nach einigen Jahren aber muss die Jugendliebe feststellen, dass sie durch eine Jüngere ersetzt wurde, Model oder Luder. Sie lässt sich daraufhin so liften, dass sie wie eine Wiedergängerin aussieht. Das Model jedoch ist nur ein Zwischenspiel. Die Sollbruchstelle der zweiten Beziehung liegt in der heißen Phase, in der es sich entscheidet, ob der Fußballer auch nach dem Spiel Erfolg haben wird. Tankwart oder Ko-Kommentator, das ist die Frage.

Die Frau, anmaßend und anspruchsvoll geworden, wird entweder abserviert oder strebt von selbst zu anderen Ufern. Wer schon nicht die Zweite sein möchte, sollte unbedingt vermeiden, die dritte Frau des Spielers zu werden. Ihren Namen kennen selbst die Fans nicht mehr, falls es überhaupt noch welche gibt. Der Spieler hat nämlich an Bewunderung eingebüßt, weshalb auch die ihm nun angegliederte Spielerfrau, das Auslaufmodell, in der Hierarchie weiter unten steht. Im Falle von Tiefs jüngerer Spieler, wie nun im Fall Kuranyi, muss die kluge Spielerfrau schauen, ob das eine Phase ist, die vorbeigeht – oder bereits der Abstieg eingeleitet ist.

Ich wollte die erste Bierhoff-Frau sein. Mit seinem Abstieg kamen andere. Luis Figo und Van Nistelrooy, allesamt Männer, deren Stern auch schon wieder verblasst ist. Wenn ich heute Bundes-Olli im Interview sehe, dann schwappt die Wehmut ein wenig über. Schneidig sieht er auch im Anzug aus, die Frauen und Männer, die ihn lieben, muss man aber schon lange suchen.

Aber auch ich bin nicht mehr so frisch wie einst. Für die neue Generation bin ich eine alte Frau. Mit 30 ist man kein Spielerfrau-Material mehr.