: Treibhausgase speichern?
Die Politik der Klimaverhandlungen steckt in der Sackgasse. Deshalb forderte Bernward Gesang in einem taz-Beitrag, dass die verpönte, langfristige Speicherung von Treibhausgas erzwungen werden sollte. Reaktionen von taz-LeserInnen blieben nicht aus
Schwarzes Loch
■ betr.: „Das Klimaproblem beerdigen“, taz vom 7. 12. 13
CCS ist nicht vom Tisch und die Argumentationslinie läuft auch hier fast ausschließlich ökonomisch.
Gefahren von CCS? Fehlanzeige. Denn nur wenn dies Verfahren nicht funktioniert, habe es negative Auswirkungen auf das Klima und Anwohner könnten vergiftet werden. Aber stillschweigend wird vorausgesetzt, dass es funktioniert. Obwohl eingeräumt wird, dass CCS bisher noch gar nicht funktioniert oder ausreichend erprobt ist. Die letzte Energiemaßnahme, die ähnlich ablief, war der Ausbau der Atomindustrie.
Und das alles soll bei CCS funktionieren, wenn die Konzerne Forschung und Erprobung übernehmen. Also ein Plädoyer für die „freie“ Marktwirtschaft – frei von allen Überlegungen, die über das Streben nach Gewinn hinausgehen. Lebensqualität, Sicherheit der Lebensgrundlagen (Trinkwasser!). Unwichtig. Und das Vertrauen auf „technische Wunder“, die offenbar von „brillanten Ingenieuren der Energiekonzerne“ lösbar sind. Das ist Glaube und keine Wissenschaft!
JÜRGEN HARGENS, Meyn
Augenwischerei
■ betr.: „Kohlendioxid direkt kappen“, taz.de vom 8. 12. 13
Im Text wird es gesagt: Um den Klimawandel auf unseren Planeten zu bremsen, geht es um eine Verringerung der globalen CO2-Produktion. Also weniger Verbrennung von fossilen Energieträgern. Maßnahmen dazu wären zum einen die Steigerung der Energieeffizienz: durch weniger Verbrennung denselben Energiebedarf decken. Zum anderen die Förderung und verbreitete Nutzung von Technologien, die ohne Verbrennung und daher ohne CO2-Produktion auskommen – „erneuerbare Energien“. Für beides brauchen wir globale Abkommen und Zusammenarbeit, auch wenn das in Politik und Industrie immer noch nicht überall verstanden wurde.
Die CCS-Technologie löst dieses Problem nicht, sie versucht es noch nicht einmal zu lösen. Hier wird CO2 „versteckt“, nicht reduziert. Unterirdisch gespeichertes CO2 ist nicht „weg“. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis es wieder in die Atmosphäre gelangt. Bis dahin erzeugt das unter Druck gespeicherte CO2 Lagerungskosten, ganz zu schweigen von der „Verschandelung“ der Lagerstätte und potenziellen davon ausgehenden Gefahren. Die CCS-Technologie ist Augenwischerei, weil es das Problem, die notwendige Reduktion des globalen CO2-Ausstoßes, nicht angeht, sondern im Gegenteil auffordert zu einem „Weiter so!“
FUNKYMONK, taz.de
Mehr Fantasie
■ betr.: „Das Klimaproblem beerdigen“, taz vom 7. 12. 13
CCS ist nicht nur gewaltig teuer, sondern auch derart unsicher, dass keine Versicherung bereit ist, dafür eine Deckung anzubieten. Weil aber führende Wissenschaftler in Warschau klargestellt haben, dass Kohleverstromung ohne CCS klimatechnisch untragbar ist, wesentlich teurer als 100 Prozent erneuerbare Energieversorgung und keiner von ihnen bestätigt, dass CO2 klimasicher unter der Erde bleibt, da sollte man meinen, dass sämtliche CCS-Fantasien zu Ende gesponnen seien. Aber nein! Es droht noch die „Carbon-Bubble“, eine Finanzblase in Form von Anlagen in nicht verbrennungszulässige fossile Energieträger: Klimakatastrophe oder Finanzkrise? Letztens hat der Umwelt- und Wirtschaftsausschuss in Brüssel einem CCS-Gesetzvorschlag zugestimmt, welcher hohe Subvention und Haftungsübernahme der Staaten enthält. Auf der Einnahmeseite stehen die Unternehmen. Die EU- Bürger bezahlen dreimal: 1. Steuern (Subventionen und Haftung), 2. Strompreise (an Konzern), 3. den Umweltschaden, der ist unbezahlbar und kostet alle den Verlust an Leben(-squalität). Das Windrad und die PV-Anlage auf dem Dach mit Speicher wäre so viel billiger gewesen! Leider versank das erforderliche Kapital in Konzernkassen. Gefragt ist mehr Fantasie in der Finanzwirtschaft: Geld raus aus der Kohle und den Mitarbeitern und Angestellten geben, für Umschulung und Umsetzung der dezentralen Energiewende, mit viel mehr Arbeitsplätzen: Geld gut & Klima gut! MARTINA HERZOG-WITTEN, Klötze
Absurde Diskussion
■ betr.: „Kohlendioxid direkt kappen“, taz.de vom 8. 12. 13
„Das finanzielle Risiko tragen sie allein.“ Es ist wie mit der Atomkraft. Das Risiko eines Unfalls können die Unternehmen weder finanziell noch moralisch tragen. Die Diskussion ist absurd. Ein dem CO2-Ausstoß adäquat verbindliches, direktes Engagement der Unternehmen in Aufforstung und Erhalt von insbesondere Urwäldern mit gleichwertiger CO2-Bindung wäre ein wirksames Instrument, auch wenn derzeit die Emission ein Vielfaches dessen ist, was Pflanzen im natürlichen Kreislauf leisten können. Nur dieses Diktat führt langfristig zu Verminderung des Ausstoßes.
ANAMOLIE, taz.de
Neue Wälder
■ betr.: „Kohlendioxid direkt kappen“, taz.de vom 8. 12. 13
Zieht der Autor in eine Gegend, in der CO2 verpresst wird?
CCS ist sinnlos wegen des enormen Aufwands, der zur Abscheidung und Speicherung betrieben werden müsste, und weil es unwahrscheinlich ist, dass das verpresste CO2 tatsächlich langfristig in der Erde bleibt. Außerdem ist sicher, dass auch Entwaldung zum Temperaturanstieg beiträgt. Neue Wälder pflanzen ist schon deshalb die bessere Lösung.
ZORRITO, taz.de
„Empört Euch“
■ betr.: „Klimaschutz wird abgetaut“ u. a., taz vom 12. 12. 13
Mittlerweile gibt es nicht nur eine „Mutti der Mächtigen“ für die Klimalobby, sondern deren zwei! Hannelore Kraft, als Verhandlerin der SPD, hat sich doch gerade erst in NRW als solche geoutet, indem sie durch ein Gesetzesvorhaben zugunsten von RWE das von der Justiz verworfene Kohlekraftwerk in Datteln legitimieren will. Damit zeigt sie nicht nur, was sie von der Energiewende hält, sondern sie schafft auch einen Präzedenzfall sondergleichen; sozusagen einen Freibrief für die (Fehl-)Planung von neuen Kraftwerken.
Es ist halt ein Kavaliersdelikt, sich bei der Planung nicht an die Vorschriften zu halten. Ist die Bausumme nur hoch genug, werden beide Augen zugedrückt und das Vorhaben wird nachträglich legalisiert. Der Bürger, der unter der Fehlplanung leidet, hat keine Rechte, bei der Energiewende – von 80 Prozent der Bevölkerung gewollt, wird eben gegen das Volk entschieden. Leider spielen die Grünen, zumindest in NRW, mit. Genauso geht es jetzt im Bund mit CDU und SPD weiter. Interessant ist, dass der Autor des Artikels bei der Energiewende fast schon nach einer außerparlamentarischen Opposition ruft. Ich kann nur mit Stéphane Hessel rufen: „Empört Euch!“ ALBERT WAGNER, Bochum
Unbedingt im Kino sehen
■ betr.: „Der Schildkrötige“, taz vom 12. 12. 13
Alois Nebel. Stationsleiter eines winzigen tschechischen Grenzbahnhofs Ende der Achtziger. 50 plus, mittelhässlich, linkisch, dicklich, einsam. Psychisch krank zudem. Das ist der Held der großartigen Verfilmung der Graphic Novel (2006) von nicht nur Jaromir 99, sondern auch Jaroslav Rudis. Vor gut zwei Jahren schlug der Film in Tschechien ein wie eine Bombe – ich wundere mich, dass es so lange gedauert hat, bis dieses Meisterwerk auch uns erreichte.
Die großzügige Viertelseite Rezension, die ihr dem Film spendiert habt, verläppert leider zwischen Inhaltsangabe und cineastischen Details. Was völlig fehlt, ist die Wucht des Sounds, sind die Laute, die Geräusche. Das Knirschen des Schnees im dunklen Wald, das Knacken der Äste; das laute Pfeifen und metallische Kreischen der alten Bahnen; die Stille der Berge. Das plötzliche Aufflattern eines Schwarms Tauben im alten Prager Hauptbahnhof. Die Bahn, der Fahrplan: Es hat etwas Magisches, wie die Stationen und Abfahrtszeiten in der Gebirgsregion ein ums andere Mal aufgesagt werden, während ein Zug durch die einsame Landschaft fährt; es ist wie ein Sog, der einen mitzieht. In die tschechische Landschaft, in Alois Nebels Psyche. Mein Tipp: Unbedingt im Kino sehen! Auf der DVD wirkt der Ton nicht halb so gut. Das Buch (Voland und Quist Verlag 2012, übersetzt von Eva Profousová, 24,90 Euro) ist auch nicht schlecht, hat aber Längen und Ungereimtheiten, auch die Frauenrolle (Kveta) gefällt mir im Film besser, wo sie ein passend zerknautschtes Gegenstück zu Alois Nebel bildet.
GISELA GRAF, Magdeburg
Reiner Aktionismus
■ betr.: „Pension mit 63 für Beamte“, taz vom 13. 12. 13
Ich halte gar nichts von der Forderung, nun auch die Beamten mit 63 in den Ruhestand gehen zu lassen. Die Äußerungen des Beamtenbundes sind reiner Aktionismus und haben nur das eine Ziel, von den vielen Ungerechtigkeiten in der Beamtenbesoldung in Deutschland abzulenken! Fakt ist doch, dass wir in den einzelnen Bundesländern und beim Bund verschiedene Gehaltszahlungen für gleiche Tätigkeiten bei der Beamtenschaft haben. Diesem Skandal sollte man endlich Einhalt gebieten. Die Gewerkschaften sollten deshalb ihr Augenmerk lieber auf solche Skandale lenken, statt populistische Parolen zu verbreiten! THOMAS HENSCHKE, Berlin
Dankbar sein
■ betr.: „Alle gegen Schwarzer“,taz vom 11. 12. 13
Man muss nicht alle Argumente von Alice Schwarzer teilen, um ihr dankbar sein. Dankbar nicht nur dafür, dass sie das Thema Prostitution auf die gesellschaftliche und politische Agenda gesetzt, sondern vor allem dafür, dass sie diesem Thema endlich mal hinreichende Beachtung verschafft hat.
Und wenn dann jemand behauptet, das Intimste seines Körpers zu Markte tragen sei ein Job wie jeder andere, der spricht in aller Regel nicht von seinem eigenen Leib. Oder die Entfremdung seiner selbst ist schon in pathologisch bedenklichem Umfang fortgeschritten.
ROLF ALTERAUGE, Neuwied