„Mediensport hat eigene Regeln“

Sportpublizistik-Professor Thomas Schierl zum Fall Seppelt und fehlender Kritik im Fernsehsport

taz: Herr Schierl, handelt es sich beim Fall Seppelt nun um einen „normalen“ Generationswechsel oder um die Abstrafung eines Kritikers?

Thomas Schierl: Wenn ein Generationswechsel tatsächlich die Intention war, ist das zumindest unglücklich gelaufen. Man sollte hier nichts unterstellen, ich habe auch keine Beweise. Aber man will’s nicht richtig glauben.

Wie hintergründig-kritisch ist denn die Sportberichterstattung bei ARD und ZDF?

Sie ist auf jeden Fall deutlich besser als die der Privaten. Die Presse berichtete allerdings noch mal wesentlich kritischer und mit mehr Hintergrund. Doch das Fernsehen ist auch ganz anderen Zwängen ausgesetzt: Die können nicht bei ihrem Produkt TV-Sport, für das sie unheimlich viel Geld bezahlen, nicht gleichzeitig draufhauen und es schlecht machen. Das gilt auch für die Öffentlich-Rechtlichen.

Bei denen Kritisches zum Sport dann im Politmagazin Unterschlupf findet. Reicht das?

Eventuell ja. Ganz anders funktioniert ja auch die Presse nicht: Der Sportteil macht seins, und Doping oder ökonomische Themen finden im Politik- oder Wirtschaftsteil statt.

Erfahren wir also genug zum Sport und seinen Hintergründen?

Nein, das Kritische kommt zu kurz. Gerade die Printmedien könnten hier noch mehr machen, weil sie unabhängig sind und nicht für Übertragungsrechte bezahlen müssen. TV-Sport ist dagegen überwiegend Unterhaltung und hat nur noch bedingt etwas mit Sport zu tun.

Aber für die Presse wird die Luft doch auch immer dünner: Verbände versuchen den Zugang zu Wettkämpfen und Sportlern einzuschränken. Und 2007 kommt die „T-Com“-Liga.

Da bin ich als Ökonom eher Fatalist. Der Mediensport hat eben eigene Regeln. Diese starke Kommerzialisierung ist sicher zu bemängeln. Aber das sind irreversible Prozesse – da werden Sie nichts mehr ändern können.

INTERVIEW: STEFFEN GRIMBERG