piwik no script img

Archiv-Artikel

Keine Dauer-Überwachung

URTEIL Ein Ex-Sicherungsverwahrter klagt dagegen, dass die Polizei ihn auf Schritt und Tritt überwacht. Ein Gericht gibt ihm Recht

„Wir haben keinen Anlass, die Maßnahme einzustellen“

SPRECHERIN INNENBEHÖRDE

Die Hamburger Polizei darf einen entlassenen Sicherungsverwahrten nicht rund um die Uhr überwachen. Das Verwaltungsgericht der Hansestadt gab einer Klage des 52-Jährigen statt, wie Sprecher Andreas Lambiris sagte. Die Stadt kann gegen das Urteil Berufung vor dem Oberverwaltungsgericht einlegen. Bis zu einer endgültigen Entscheidung will die Polizei den Mann zunächst weiter bewachen. „Wir haben keinen Anlass, die Maßnahme einzustellen“, sagte eine Sprecherin der Innenbehörde.

Der frühere Schwerverbrecher, der unter anderem wegen versuchten Mordes und Vergewaltigung im Gefängnis gesessen hatte, war im Februar 2012 entlassen worden. Der Hintergrund: Seit den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Bundesverfassungsgerichts darf eine Sicherungsverwahrung nicht mehr nachträglich auf unbestimmte Zeit verlängert werden. Bundesweit waren daher ehemalige Schwerverbrecher freigelassen worden, die ihre reguläre Haftstrafe abgesessen hatten. Die Polizei überwacht viele von ihnen rund um die Uhr. Auch in anderen Bundesländern haben entlassene Sicherungsverwahrte dagegen geklagt. So entschied etwa der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, dass die Observation eines Klägers vorläufig eingestellt werden müsse, weil ein aktuelles psychiatrisches Gutachten fehle.

Zu den Hamburger Urteilsgründen konnte Lambiris keine Angaben machen – sie sollen aller Voraussicht nach erst in einigen Tagen vorliegen. Die Richterin hatte aber bei einem Verhandlungstermin Ende November erklärt, die Rechtsgrundlage der Dauerobservation sei fraglich. Die Polizei stützt sich bei der Überwachung auf Polizeirecht, das sogenannte Gesetz über die Datenverarbeitung der Polizei.

Der 52 Jahre alte Ex-Sicherungsverwahrte ist im Stadtteil Moorburg untergebracht. Er hatte sich Mitte der 90er-Jahre kastrieren lassen.  (dpa)