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Archiv-Artikel

Gut gemeint, schlecht gemacht

KORRUPTION Nordrhein-Westfalen hat sein Antikorruptionsgesetz überarbeitet. Die Reform ändert nicht viel an dessen Wirkungslosigkeit

SUNDERN taz | Die Zusammenarbeit mit dem Straßenverkehrsamt in Schwelm im südlichen Ruhrgebiet lief wie geschmiert. Jedenfalls mit einem der Mitarbeiter dort. Immer wenn der Hagener Autohändler Christian F. „spezielle“ Ausfuhrgenehmigungen für seine Autos brauchte, wusste er, an wen er sich in der Behörde in Hagens Nachbarstadt Schwelm wenden konnte: Heinz-Jürgen R. stand für ihn bereit. In 313 Fällen soll der Mitarbeiter des Straßenverkehrsamts Schwelm Fahrzeuge umgeschlüsselt haben: ein Kreuz im Formular machte aus dem Pkw einen Lkw. Nun hat die Staatsanwaltschaft Hagen Anklage erhoben. Mit der Pkw-zu-Lkw-Masche soll der Autohändler beim Export nach Polen eine dort anfallende Sondersteuer gespart haben, insgesamt weit über 100.000 Euro.

Der Fall aus dem Ruhrgebiet ist ein Beispiel dafür, woran das Korruptionsbekämpfungsgesetz in Nordrhein-Westfalen krankt – auch nach der Neufassung, die am Mittwoch im Düsseldorfer Landtag mit den Stimmen von SPD und Grünen beschlossen wurde. Kritiker, etwa die Antikorruptionsexperten von Transparency International, bemängeln, es lasse noch zu viele Schlupflöcher offen.

Im neuen wie im alten seit 2004 geltenden Gesetz wird beispielsweise die Stellenrotation als wichtiges Instrument genannt. Spätestens alle fünf Jahre sollen die Mitarbeiter auf andere Stellen wechseln. Eine Kontrolle durch das Land? Fehlanzeige. Man setze auf die Selbstverantwortung der Kommunen.

Städte: nicht praktikabel

Viele Städte in NRW halten eine Stellenrotation einfach für nicht praktikabel. „Die Mitarbeiter in den Abteilungen haben eine lange Einarbeitungszeit“, sagt Klaus Diebäcker, Fachbereichsleiter bei der Stadt Arnsberg. Zudem habe man „eine Vielzahl von Spezialisten – die kann man nicht einfach vom Bauamt ins Kulturamt versetzen“. Der Stellenwechsel kann auch zu Beförderungen und damit weiter steigenden Kosten führen. „Rotation ist unzweckmäßig, um den Gesetzeszweck zu erfüllen“, schrieb deshalb auch der Iserlohner Bürgermeister Peter Paul Ahrens (SPD) der Kommunalaufsicht.

Das neue Korruptionsbekämpfungsgesetz führt erneut keine Kontrolle bei der Stellenrotation ein. Wer auf Rotation verzichtet, muss aber nun immerhin zwingende Gründe dafür geltend machen.

Transparency International kritisiert noch einen weiteren Punkt: Auf privatwirtschaftliche Tochterunternehmen der Kommunen findet das Gesetz oft keine Anwendung. „Dabei“, ärgert sich Brocke, „werden 60 Prozent der Investitionsmaßnahmen einer Kommune nicht mehr durch die Kernverwaltung getätigt, sondern durch ausgegliederte Unternehmen.“ – „Ein stumpfes Schwert“, urteilte die CDU. Hans-Willi Körfges (SPD) verteidigte die Reform: Schon das erste Gesetz habe zu 177 Anzeigen geführt. HEINZ KRISCHER