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: Der Erfinder der „Achse des Bösen“

Er war der Erfinder der prägendsten Begriffe des US-Präsidenten George W. Bush: Sieben Jahre lang hat Michael Gerson alle wichtigen Bush-Reden geschrieben, jetzt will er das Weiße Haus verlassen. Der 41-Jährige hat die „Achse des Bösen“ erfunden, genau wie den „mitfühlenden Konservativismus“ (compassionate conservatism), mit dem Bush im 1999er Wahlkampf so erfolgreich punktete. Ein Zeitungsporträt von 2001 beschreibt Gerson als denjenigen, dem Bush seine Zustimmungsraten zu verdanken hat – ein Kompliment, das er heute wohl nicht mehr so gerne hören würde.

Gerson, ausgebildeter Journalist, Evangelikaler und studierter Theologe, zeichnet auch für die vielen religiösen Anspielungen in Bushs Reden verantwortlich. Allerdings hat er selbst stets behauptet, der Versuchung erfolgreich widerstanden zu haben, den Präsidenten selbst als ein Werkzeug Gottes darzustellen. Kritiker widersprechen: Insbesondere in den Reden unmittelbar nach dem 11. September 2001 fanden sich so viele Anspielungen auf den in diesem Kampf „nicht neutralen“ Gott, dass etwa der Baptistenpriester C. Welton Gaddy 2004 der Washington Post sagte, Bush/Gerson hätten in ihrer Rhetorik oft die Grenze überschritten.

Während manche Redenschreiber stets im Verborgenen bleiben und ihr Büro irgendwo im Verwaltungstrakt des Weißen Hauses haben, genoss Gerson das besondere Vertrauen des Präsidenten – und wurde nach Bushs Wiederwahl Anfang 2005 gar zum „Assistenten für Politik und strategische Planung“ befördert. Doch immer wieder war er auch gefordert, Bush rhetorisch unter die Arme zu greifen, etwa nach der Überschwemmung New Orleans’ durch Hurrikan „Katrina“ im Sommer vergangenen Jahres. Gerson holte alle Siegesformeln des „compassionate conservatism“ wieder hervor – und Bush hielt eine hervorragende Rede.

Gersons Abgang hat nach eigenen Angaben und denen der führenden Mitarbeiter im Weißen Haus nichts mit dem allgemeinen Personalaustausch zu tun, mit dem Bush seiner darniederliegenden Präsidentschaft seit einigen Monaten neuen Atem einzuhauchen versucht. Gerson, der schon mit 40 einen Herzinfarkt erlitt, habe sich schon länger mit dem Gedanken getragen, seine Karriere als Autor außerhalb der Administration weiterzubetreiben. Jetzt „kommen im Weißen Haus viele gute Dinge zusammen, und das macht es einfacher zu gehen“.

Einen Nachfolger wird es wohl nicht geben. „Man kann ihn nicht ersetzen – er ist einmalig“, sagt der knapp einem Strafverfahren entronnene Bush-Intimus Karl Rove über Gerson. BERND PICKERT