: Raumforscherin soll Uni leiten
Suche nach Nachfolge für Uni-Präsident Lüthje tritt in die heiße Phase. Studierende monieren Geheimniskrämerei der zuständigen Gremien. Eine öffentliche Diskussion wird so verhindert
von Kaija Kutter
„Tauziehen um neuen Uni-Präsidenten: Am 9. Januar stellen sich sechs KandidatInnen der öffentlichen Befragung“, titelte die taz hamburg 1991, bevor der amtierende Universitäts-Chef Jürgen Lüthje für seine erste Amtsperiode gewählt wurde. Die Zeiten haben sich geändert. Nach dem von Wissenschaftssenator Jörg Dräger (parteilos) geänderten Hochschulgesetz findet die Auswahl von Lüthjes NachfolgerIn hinter verschlossenen Türen statt.
Der neue, zur Hälfte mit externen Beratern besetzte „Hochschulrat“ wählt aus einer Vorauswahl, die ein „Findungsausschuss“ mit Unterstützung der Unternehmensberatung SUP getroffen hat. Der Akademische Senat, das mit allen Statusgruppen besetzte höchste Uni-Selbstverwaltungsgremium, muss diese Wahl dann nur noch „bestätigen“.
Einigen Studierenden im Akademischen Senat platzte am Donnerstag der Kragen. An diesem Tag traf sich der Hochschulrat mit der zurzeit vom Findungsausschuss favorisierten Kandidatin. „Wir Studierenden werden erst am 29. Juni erfahren, wer die Person ist“, moniert Senats-Mitglied Bela Rogalla. Dann sollten die vier Statusgruppen der Uni in getrennten Gesprächen mit der Kandidatin reden dürfen. An einem solchen „Blind date“ seien die Studenten aber nicht interessiert. Rogalla: „Ich möchte eine öffentliche Diskussion darüber, wie diese Person in dieser schwierigen Lage die Universität leiten will und ob sie bei den Studiengebühren eine sozialverträgliche Ausgestaltung durchsetzen wird.“
Bela Rogalla wirft dem Hochschulrat „Geheimniskrämerei“ und „Hinterzimmerdiplomatie“ vor und fordert vom Vorsitzenden des Gremiums sowie dessen Berater, den Professoren Jürgen Timm und Klaus Landfried, den Akademischen Senat zeitgleich mit dem Hochschulrat „über die Kandidatin zu informieren“.
Aus den Fakten, die aus dem Umfeld des geheimen Gremiums durchgesickert waren, reimten Studierende sich zusammen, dass es sich bei der Kandidatin um die Stuttgarter Raumfahrt-Professorin Monika Auweter-Kurtz handelt. Sie machten den Namen öffentlich und trafen damit prompt ins Schwarze. „Die Frau entspricht dem Wunschprofil der Universität. Sie ist Frau und Wissenschaftlerin“, sagte Berater Klaus Landfried. Auweter-Kurtz habe sich nicht beworben, sondern sei gefragt worden. Der Hamburger Senat müsse der renommierten Forscherin nun ein „seriöses Angebot“ machen.
Auweter-Kurtz ist die einzige deutsche Professorin für Raumfahrt und machte kürzlich mit der Vision eines „Lichtbogentriebwerks“ Schlagzeilen, mit dem man Satelliten und Weltraumsonden schneller zu Nachbarplaneten bringen können soll. Sie erhielt 1999 den Verdienstorden des Bundespräsidenten, weil sie sich für Chancengleichheit für Frauen in der Wissenschaft engagiert habe. Nach einem Bericht des Stuttgarter Wochenblatts befürwortet sie höhere Studiengebühren. Auweter-Kurtz selber wollte sich gegenüber der taz „zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht äußern“.
In Unikreisen ist man ein wenig verärgert über das Vorgehen derStudierenden. Schließlich kann ein Kandidat durch zu frühzeitige Nennung auch abgeschreckt oder „verbrannt“ werden. Laut Hochschulrats-Berater Landfried wurden gestern alle Mitglieder des Akademischen Senats mit Namen und Lebenslauf der Favoritin versorgt. „Designiert“ sei die Kandidatin aber erst, wenn auch die Senats-Mitglieder sie bestätigen, betont er. Erst dann könne der Hochschulrat wählen.
Rogalla reicht das nicht. „Ich möchte, dass die Namen aller Kandidaten offen gelegt werden“, sagt der Studierendenvertreter. „Und dass es eine faire hochschulöffentliche Diskussion um ihre wissenschaftspolitischen Kompetenzen gibt.“