: Kürzungen für den Nahverkehr gekürzt
Die Bundeszuschüsse für den ÖPNV sinken weniger als geplant. Aber immer noch zu viel, finden Fahrgastverbände
BERLIN taz ■ Die öffentlichen Gelder für den Nahverkehr werden nicht ganz so stark gekürzt wie geplant: Im Bundesrat sagte Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) den Ländern gestern zu, die Zuschüsse des Bundes bis 2010 nicht um 2,3, sondern nur um 1,8 Milliarden Euro zu verringern. Außerdem sollen die Regionalisierungsmittel ab 2009 wieder wachsen können. Steinbrück hatte in seinem Haushaltsbegleitgesetz vorgesehen, die Bundeszuschüsse nach und nach abzubauen und ab 2008 auf jährlich 6,6 Milliarden Euro einzufrieren.
Das Gesetz wurde allerdings gestern noch in der ursprünglichen Version verabschiedet. Es bleibt also bei den Kürzungen für 2006 und 2007. Bis zur nächsten Verhandlungsrunde für die Zuschüsse im kommenden Jahr müsse die Bundesregierung nun „eine Initiative anschieben“, wie die Länder die zusätzlichen 500 Millionen Euro bekommen, sagte ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums.
Der SPD-Chef und rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck lobte den Kompromiss. Er verschaffe den Verkehrsbetreibern Planungs- und Vertragssicherheit. Und auch politisch könne „man damit leben“ – der Nahverkehr biete noch Effizienzspielräume. Auch andere Ministerpräsidenten wie Thüringens Dieter Althaus (CDU) zeigten sich erfreut. Sie hatten die Kürzung der Kürzung zur Voraussetzung für ihre Zustimmung zur Mehrwertsteuererhöhung 2007 gemacht.
„Die Länder sind die Profiteure“, sagte denn auch Dirk Flege, der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene. „Sie bekommen 21,8 Milliarden über die Mehrwertsteuer und 500 Millionen mehr als befürchtet für den Nahverkehr.“ Für die Bahnfahrer in Deutschland dagegen sei es „kein guter Tag“. Auch die verbleibenden Kürzungen wirkten sich „gravierend“ aus: Verbindungen würden ausgedünnt oder gestrichen und für den Fahrgast teurer. Tatsächlich kündigten einige Verkehrsverbünde gestern schon entsprechende Maßnahmen an. Flege verwies darauf, dass der Nahverkehr in den vergangenen Jahren mit einer 14-prozentigen Steigerung der Mittel 27 Prozent mehr Menschen transportiert habe. „Das werden wir nicht halten können, wenn neue Effizienzgewinne dem Finanzministerium zugute kommen statt wieder investiert werden zu können“, sagte er.
Auch Oliver Kaufhold von der Gewerkschaft Transnet sah keinen echten Gewinn in dem Kompromiss. „1,8 Milliarden Euro zu sparen ist schon ein ziemlicher Happen“, sagte er. Er befürchtet, dass schnelle Einsparungen vor allem weniger Jobs bedeuten – „und zwar tausende“. Transnet fordert deshalb mehr Transparenz und eine bessere Kontrolle bei der Verwendung der Mittel.
Bei aller grundlegenden Kritik hob die verkehrspolitische Sprecherin der Linkspartei, Dorothée Menzner, positiv hervor, dass Steinbrück ab 2009 wieder eine Steigerung der Mittel in Aussicht stellte. Allerdings sei das schon relativ spät. „Was nicht wächst, fällt zurück“, sagte Menzner der taz. Bis zum vergangenen Jahr waren die Bundeszuschüsse regelmäßig um 2,5 Prozent erhöht worden. BEATE WILLMS