piwik no script img

Archiv-Artikel

„Ein Flächen-Bombardement“

Gutachter Mario Mensing im taz-Interview über das ECE-Zentrum in Oldenburg

taz: Irren die 18.000 Oldenburger, die mit ihren Unterschriften eine Alternative zum ECE-Einkaufszentrum fordern?

Mario Mensing: In unserem Verträglichkeitsgutachten haben wir nach Abwägung aller Vor-und Nachteile gesagt: Unter einer Reihe von Einschränkungen, die wir formuliert haben, glauben wir, dass diese Art eines innerstädtischen Einkaufzentrums geeignet ist, die Attraktivität der Innenstadt zu befördern.

Warum sollte das so sein?

Wir beobachten, dass ein klug gesetzter und klug dimensionierter Impuls für solche Innenstädte – und zwar einer, der nicht alles totschlägt, sondern nur ein bisschen reizt – viele positive Entwicklungen initiieren kann.

In Hamburg-Harburg ist die Innenstadt nach dem Bau des ECE-Phoenix-Centers eher ausgestorben.

Ja, grauenhaft. Und nicht nur in Harburg. In leider viel zu vielen Städten ist es ein Flächen-Bombardement. Aber in Oldenburg ist die Größe des Vorhabens damit gar nicht zu vergleichen, und das sind genau die Verträglichkeitskriterien, die wir an die Projekte anlegen. Wir lehnen die meisten dieser Vorhaben ab, weil sie überdimensioniert sind.

Wenn ein Zentrum den kompletten Branchenmix bei sich abdeckt, gibt es für die Leute keinerlei Anlass mehr, aus dem Center herauszugehen. Ein weiteres Kriterium: Die Relation der Verkaufsfläche zu der in der Innenstadt. Es darf nicht sein, dass die ECE wie in Hameln – ein Katastrophenfall – bei einer Verkaufsfläche von 20.000 Quadratmetern in der Innenstadt noch einmal die gleiche Fläche in das Center setzen will.

Wenn der Branchenmix die anderen Händler schützen soll – was ist mit denjenigen in Oldenburg, die nicht das Glück haben, in die Lücke zu passen?

Die Hauptbetroffenen sind Unternehmen wie Peek&Cloppenburg, die seit Jahren in einer nicht sehr angespannten Situation auf sehr hohem Ertragsniveau operieren. Unterm Strich erleben wir oft, dass sie im Wettbewerb besser werden.

Und die kleinen inhabergeführten Läden?

Die sind häufig von dieser Art Wettbewerb nicht betroffen, weil sie andere Sortimente haben und eine andere Kundenbeziehung pflegen. Die Hauptbetroffenen sind eher unter systemgleichen Betrieben zu finden. Da haben wir die höchste Verdrängung.

Sie haben mit 16.000 Quadratmetern eine um 40 Prozent kleinere Verkaufsfläche empfohlen. Wie viel Gewicht hat Ihr Wort bei der Umsetzung?

Es gibt da leider kein Controlling. Bisweilen wird so etwas stillschweigend vergessen.

Interview: Friederike Gräff